Fragen & Antworten "Säcke mit Bargeld" aus Katar und mehrere Verhaftungen: Das ist der Stand im EU-Korruptionsskandal

Eva Kail, Vizepräsidentin des EU-Parlaments
Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Eva Kaili, befindet sich derzeit in U-Haft
© Eric Vidal / European Parliament / DPA
Die Europäische Union wird derzeit von einem historischen Korruptionsskandal erschüttert: Politiker sollen Geld aus dem WM-Gastgeberland Katar kassiert haben. Was am dritten Tag des Korruptionsskandals bekannt ist – und wie es jetzt weitergeht.

Nach dem Korruptionsskandal, in den mehrere EU-Politiker verwickelt sind, droht das EU-Parlament in Misskredit zu geraten. Im Zentrum der Affäre steht dessen Vizepräsidentin Eva Kaili. Sie soll Geld aus Katar erhalten haben. Der Golfstaat, in dem derzeit die Fußball-Weltmeisterschaft stattfindet, plante so, die politischen Entscheidungen in Brüssel zu beeinflussen. Am Wochenende nahmen die belgischen Behörden sechs Verdächtige fest, zudem fanden 16 Hausdurchsuchungen statt.

Die wichtigsten Fragen und Antworten rund um den Skandal im Herzen Europas:

Wer ist in den Korruptionsskandal verwickelt?

Der Skandal entspinnt sich um die Vizepräsidentin des Europaparlaments Eva Kaili. Die Staatsanwaltschaft wirft der griechischen Politikerin und fünf weiteren Beschuldigten Bestechung, Bestechlichkeit und Geldwäsche vor. Ohne konkrete Namen zu nennen erklärte die Staatsanwaltschaft in Brüssel zudem, dass vier Personen "Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, Geldwäsche und Korruption" vorgeworfen wird. Mit involviert: Der Golfstaat und WM-Gastgeber Katar. Dieser soll mit beträchtlichen Geldsummen und Geschenken versucht haben, die Entscheidungen des EU-Parlaments zu beeinflussen.

Gab es bereits Konsequenzen?

Noch am Freitag waren Eva Kaili und fünf weitere Beschuldigte von den Behörden in Brüssel festgenommen worden – darunter auch Kailis noch im EU-Parlament tätiger Lebensgefährte sowie der Ex-Abgeordnete Pier Antonio Panzeri. Zudem fanden 16 Durchsuchungen statt: unter anderem in der Wohnung der Vizepräsidentin und des belgischen Europaabgeordneten Marc Tarabella, der wie Kaili Mitglied der sozialdemokratischen Fraktion ist und als stellvertretender Vorsitzender der parlamentarischen Delegation für die Beziehungen zur arabischen Halbinsel zuständig ist. Ihm werden aber keine Straftaten zur Last gelegt.

Am Sonntag ordnete ein Richter in Brüssel Untersuchungshaft für vier Verdächtige, darunter Kaili an. Zwei weitere Festgenommene sind wieder auf freiem Fuß.

Wie kamen die Behörden Kaili auf die Schliche und könnte sie der Haftstrafe entgehen?

Die Politikerin fiel zuletzt durch ihre Katar-freundliche Haltung auf. Nach einem Treffen mit dem katarischen Arbeitsminister Ali bin Samikh Al Marri in dem Golfstaat, pries sie die WM als "Beweis" dafür, "wie Sportdiplomatie zu einer historischen Transformation eines Landes führen kann, dessen Reformen die arabische Welt inspiriert haben". Zudem lobte Kaili Katars Arbeitsrechte als "führend" und klagte darüber, dass jeder, der mit Katar spreche, der Korruption verdächtigt werde.

Bei der Hausdurchsuchung in Kailis Wohnung stieß die belgische Polizei auf mehrere "Säcke mit Bargeld". Bei den Razzien wurden zudem rund 600.000 Euro Bargeld sowie Datenträger und Mobiltelefone beschlagnahmt, teilte die belgische Bundesstaatsanwaltschaft mit. Zwar genießt Kaili qua ihres Amtes parlamentarische Immunität. Weil sie auf frischer Tat ertappt wurde, greift der Schutz aber nicht.

Was bedeutet der Skandal für Kailis politische Karriere?

Noch am Freitag schloss die sozialistische Pasok-Partei die 44-Jährige aus. Einen Tag später setzte die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament die Mitgliedschaft der Politikerin aus. Zudem entzog EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola Kaili "mit sofortiger Wirkung alle Befugnisse, Pflichten und Aufgaben" als eine ihrer 14 Stellvertreter.

Ob Kaili vollständig als EU-Vizeparlamentspräsidentin abgesetzt wird, müssen die Abgeordneten abstimmen. Metsola will darüber am Montag mit den Fraktionschefs sprechen.

Was sagt Katar zu den Vorwürfen?

Auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AFP ließ ein katarischer Regierungsbeamter wissen, dass "keine Details über eine Untersuchung bekannt" seien. Er wies jede "Behauptung eines Fehlverhaltens des Staates Katar" als unzutreffend zurück.

Wie geht es nun weiter?

Eine für Dezember geplante Katar-Reise von EU-Abgeordneten wurde abgesagt. Das bestätigte ein Parlamentssprecher der Nachrichtenagentur AFP. Unterdessen fordert die Grünen-Fraktion im Europaparlament eine umfassende Untersuchung der Korruptionsvorwürfe. Die Grüne, Linke und Sozialdemokraten wollen zudem die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen für Katarer aufschieben. Die Verhandlungen sollten am Montag beginnen.

Quellen: "Le Soir", "Le Parisien", "L' Echo", mit Material von AFP und DPA