Geht Samstag, der 19. März, als Tag der Entspannung in die Kastrophengeschichte des Atomkraftwerks Fukushima ein? Zumindest war es ein Tag des Optimismus - des leichten Optimismus. So beurteilt zumindest die Internationale Atomenergiebehörde IAEA, die fast die ganze Woche sehr alarmiert schien, die jüngsten Entwicklungen am japanischen Krisenreaktor von Fukushima positiv. "Die Dinge entwickeln sich in die richtige Richtung", sagte der IAEA-Experte Graham Andrew in Wien. Der Eintritt der schlimmstmöglichsten Katastrophe werde mit jedem Tag, der vergeht, unwahrscheinlicher. Es tritt derzeit offenbar keine Radioaktivität mehr aus dem Kraftwerk.
Die verzweifelten Bemühungen der Arbeiter von Fukushima zeigen erste Erfolge. Die Regierung verkündete am Samstag hoffnungsvolle Botschaften zur Lage im Atomkraftwerk und den am meisten gefährdeten Reaktoren 3 und 4. Am Reaktor 3 habe sich die Situation stabilisiert, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Die Kühlung von außen durch Wasserbeschuss zeige Wirkung. In dem Reaktorbecken habe man jetzt mehr Wasser festgestellt. Am Samstag spritzten Armee und Feuerwehr mit Spezialfahrzeugen mehr als tausend Tonnen Meerwasser auf den Reaktor 3. Auch Reaktor 4 wurde von außen mit Wasser gekühlt.
Gleichzeitig versuchen Techniker, die Kühlsysteme einiger Reaktoren wieder in Gang zu setzen. Stromkabel wurden inzwischen bis zu den Reaktoren 1 und 2 verlegt. Der Reaktor 2 soll am Sonntag als erster an die Stromversorgung angeschlossen werden. Es ist der einzige Fukushima-Meiler, der über so genannte MOX-Brennelemente mit hochgifitigem Plutonium verfügt. Ob die Pumpen und Leitungen nach den gewaltigen Explosionen an mehreren Stellen im AKW noch funktionieren, ist jedoch völlig unklar.
In die Dächer der Reaktoren 5 und 6, in denen ältere Brennstäbe lagern, wurden Löcher gebohrt, durch die Wasserstoff entweichen kann, ohne dass er explodiert. Die Kühlbecken dort wurden mit Notstrom aus Dieselgeneratoren des Reaktors 6 gekühlt. Mit Erfolg: Die Temperatur in Kühlbecken 5 sinkt. Am Abend beendeten die Feuerwehrleute ihren Einsatz nach rund 13 Stunden und hörten auf, die Reaktoren 3 und 4 mit Wasser zu bespritzen.
Die Lage kann noch immer eskalieren
IAEA-Experte Andrew sagte, man könne die Wiederherstellung der Stromzufuhr zu den Reaktoren und die Bemühungen um die Kühlung beobachten. Damit reduziere sich das Risiko in Fukushima Tag für Tag. Die Kühlung mit Meerwasser verhindere momentan eine Überhitzung der Reaktoren. Auch wenn sich die Situation seit Tagen nicht verschlechtert habe, könne sie seiner Einschätzung nach immer noch eskalieren: "Kann etwas Unerwartetes passieren? Auf jeden Fall."
So äußerte sich auch der Chef der Behörde Yukiya Amano nach seiner Rückkehr von einer Reise nach Tokio vorsichtig optimistisch: "Ich hoffe, dass die Sicherheit und Stabilität so bald wie möglich wiederhergestellt werden", sagte er am Samstagabend nach der Landung am Flughafen Wien.
Doch es gab auch Negatives zu berichten aus Japan. So sind erste radioaktiv verstrahlte Lebensmittel aufgetaucht. Zudem wies das Trinkwasser in der Hauptstadt Tokio Spuren von Radioaktivität auf. Vor diesem Hintergrund wirkte es fast trotzig, dass am Samstag in der japanischen Hauptstadt der höchste Fernsehturm der Welt fertig gebaut.