Begleitet von Boykottaufrufen der Islamisten wählen die Jordanier ein neues Parlament. "Protest ist keine Strategie", erklärten einige der Wähler, die am Mittwochmorgen zu den Urnen gingen.
Von den rund drei Millionen Wahlberechtigten hatten sich trotz der Boykottkampagne der Muslimbrüder rund 2,3 Millionen für die vorgezogenen Neuwahlen registrieren lassen. Sie können zwischen mehr als 1400 Kandidaten wählen, die sich um einen der 150 Sitze im Unterhaus für die kommenden vier Jahre bewerben.
Oppositionsgruppen rufen zum Boykott auf
Es ist die erste Wahl in dem Königreich seit dem Beginn des Arabischen Frühlings vor zwei Jahren, der auch in Jordanien eine Welle von Protesten nach sich gezogen hatte. Um seine Kritiker zu besänftigen, hatte König Abdullah II. vor einigen Tagen erklärt, die Abgeordneten hätten künftig das Recht, den Regierungschef und die Mitglieder seines Kabinetts zu bestimmen. Allerdings soll dies "in Abstimmung" mit dem Herrscher geschehen, der bislang alleine den Ministerpräsidenten ausgewählt hatte.
Mehrere Oppositionsgruppen, darunter die einflussreichen Muslimbrüder und die Nationale Reformfront des ehemaligen Regierungs- und Geheimdienstchefs Ahmed Obeidat, riefen zum Boykott der Wahl auf. Die Opposition verlangt unter anderem, dass der Ministerpräsident künftig nicht mehr vom König ernannt, sondern vom Parlament gewählt wird. In den vergangenen Monaten hatte es wiederholt Demonstrationen gegen die politischen Zustände im Land gegeben.
Die von den Muslimbrüdern gegründete Islamische Aktionsfront ist die wichtigste Partei des Landes. Sie begründet ihren Boykott damit, dass die Königstreuen durch das Wahlgesetz im Vorteil seien. Außerdem fordern sie eine Verfassungsänderung, die dem Parlament mehr Kompetenzen einräumt.