Pakt für Palästina: Bei einem Spitzentreffen in Kairo haben sich die rivalisierenden Palästinenserorganisationen Fatah und die im Westen als Terrororganisation eingestufte Hamas auf eine enge Zusammenarbeit geeinigt. Israel reagiert scharf. Die Einigung mit Hamas sei eine Katastrophe für das palästinensische Volk und für die ganze Region, wurde Informationsminister Juli Edelstein zitiert. Ein Sprecher von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verbreitete über Twitter: "Palästina ist verloren."
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von der Fatah sagte am Donnerstag vor Journalisten in Kairo: "Es gibt zwischen uns keinerlei Differenzen, und wir arbeiten als Partner mit geteilter Verantwortung." Der Exilchef der radikalislamischen Hamas, Chalid Maschaal, sagte: "Ich will unserem Volk und den arabischen und islamischen Staaten sagen, dass wir ein neues Kapitel der Partnerschaft aufgeschlagen haben, um die Lage der Palästinenser neu zu ordnen."
Beide Seiten hatten schon vor einem halben Jahr ähnliche Vereinbarungen getroffen, es war jedoch bei Absichtserklärungen geblieben.
Präsidentschafts- und Parlamentswahlen angeblich im Mai
Ein Hauptstreitpunkt ist weiterhin ungelöst. Der führende Hamas-Politiker Salah al-Bardawil betonte noch vor dem Spitzentreffen, die Hamas werde auch in einer Einheitsregierung die Forderungen des Nahost-Quartetts (UN, EU, USA und Russland) nach einer Anerkennung Israels und der Friedensverträge sowie einem Gewaltverzicht nicht erfüllen.
Israel verurteilte die neue Vereinbarung am Donnerstag scharf. Informationsminister Edelstein sagte nach Angaben der Nachrichtenseite "ynet", die neue Partnerschaft beweise, dass Abbas die Aggressivität von Hamas und deren Terrormethoden akzeptiere und die Tötung unschuldiger Zivilisten unterstütze. Edelstein wurde weiter zitiert mit den Worten: "Die Autonomiebehörde ist von heute an in jedem Sinne eine Terrororganisation." Abbas habe die Eskalation gewählt. "Die Partnerschaft mit Hamas ist eine Katastrophe für das palästinensische Volk und für die ganze Region."
Nach Angaben palästinensischer Repräsentanten bekräftigten Abbas und Maschaal unter anderem die Absicht, die lange ausstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im kommenden Mai abzuhalten. Das palästinensische Fernsehen berichtete, Fatah und Hamas hätten sich auch auf ein gemeinsames politisches Programm geeinigt. Fatah-Delegationsleiter Asam al-Ahmed sagte vor Journalisten, beide Seiten hätten eine Reihe von weiteren Vereinbarungen getroffen. Politische Häftlinge beider Seiten sollten etwa binnen weniger Tage freigelassen werden.
Bemühungen um Waffenruhe mit Israel
"Der Volkswiderstand gegen die israelische Besatzung soll verstärkt werden", sagte Al-Ahmed zudem. Abbas hatte im Westjordanland mehrfach zu friedlichem Widerstand gegen die israelische Besatzungsmacht aufgerufen. Hamas setzte bislang vor allem auf den bewaffneten Widerstand.
Abbas sagte nach dem Treffen mit Maschaal, es sei ein wichtiges Gespräch in positiver Atmosphäre gewesen. Abbas und Maschaal sprachen zunächst etwa eine Stunde lang unter vier Augen, anschließend nahmen Delegationen beider Seiten an der Zusammenkunft teil.
Die palästinensische Nachrichtenagentur Maan berichtete, Abbas und Maschaal hätten keine spezifischen Vereinbarungen über die Bildung einer gemeinsamen Übergangsregierung getroffen. Man wolle sich gemeinsam um eine Waffenruhe mit Israel bemühen. Es sei ein weiteres Spitzentreffen in Kairo für den 15. Dezember vereinbart worden. Dabei solle ein konkretes Datum für die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen festgelegt werden. Diese stehen schon seit 2009 und 2010 aus.
Versöhnungsabkommen wurde nicht umgesetzt
Beide Seiten hatten schon im Mai in Kairo ein Versöhnungsabkommen unterzeichnet. Dies war aber nicht umgesetzt worden, unter anderem, weil Uneinigkeit über die Besetzung des Ministerpräsidentenamtes herrschte. Nach palästinensischen Medienberichten könnte Abbas sich nun bereiterklären, auf den von der Hamas abgelehnten bisherigen Regierungschef Salam Fajad zu verzichten. Als mögliche Kandidaten für das Amt gelten der Geschäftsmann Maamun Abu Schahla aus Gaza oder Mohammed Mustafa, ebenfalls Unternehmer, aus dem Westjordanland.
Nach Hamas-Angaben ging es bei dem Gespräch um fünf zentrale Punkte: eine Reform der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), so dass Hamas und andere militante Fraktionen beitreten können, eine Reform der palästinensischen Sicherheitskräfte, ein verbindliches Datum für Neuwahlen, eine echte Versöhnung von Hamas- und Fatah-Mitgliedern sowie eine gemeinsame Strategie für die Gründung eines Palästinenserstaates.