Israel hat am Mittwoch die Angriffe auf den Libanon aus der Luft und am Boden ausgeweitet und dabei mindestens drei Kämpfer der radikalen Hisbollah-Miliz gefangen genommen. Luftlandetruppen lieferten sich Augenzeugen zufolge heftige Kämpfe in der ostlibanesischen Hisbollah-Hochburg Baalbek. Nach libanesischen Angaben wurden bei dem Einsatz mindestens zehn Zivilisten getötet. Über den Zeitpunkt einer möglichen Waffenruhe gibt es weiter unterschiedliche Aussagen.
Israels Armee erklärte am Morgen, sie habe bei dem Vorstoß in Baalbek "einige Terroristen" gefangen genommen. Sie seien nach Israel gebracht worden. Auf israelischer Seite habe es bei dem Einsatz keine Verletzten gegeben. Weitere Details zu den Gefangenen wurden nicht mitgeteilt. In libanesischen Sicherheitskreisen hieß es, mindestens drei Mitglieder der Hisbollah von eher niedrigem Rang seien gefasst worden.
Zudem hieß es in den libanesischen Kreisen, mindestens sieben Zivilisten seien getötet worden, als das Dorf Jammalije nahe Baalbek aus der Luft bombardiert worden sei. Sie seien in zerstörten Häusern gefunden worden. Zudem seien mindestens zwei weitere Zivilisten verletzt worden.
In der Nacht hatte es geheißen, israelische Soldaten seien mit Hubschraubern nach Baalbek gebracht worden. Ziel der Aktion sei unter anderem das von der Hisbollah betriebene Krankenhaus Al-Hikmah. Augenzeugen zufolge beschoss Israels Luftwaffe mit Maschinengewehren und Raketen Ziele in der Nähe der Klinik und in Baalbek selbst. Ein Mitarbeiter der libanesischen Sicherheitsbehörden sagte, der ranghohe Hisbollah-Aktivist Mohammed Jasbik sei am Dienstag in dem Krankenhaus gewesen, habe es vor den Angriffen aber wieder verlassen.
Israelische Panzer zerstört
Kämpfer der Hisbollah haben am Mittwochmorgen bei einem Gefecht in einem südlibanesischen Grenzdorf nach eigenen Angaben zwei israelische Panzer zerstört. Die Besatzungen seien entweder getötet oder verwundet worden, hieß es in einer Erklärung der schiitischen Organisation. Zu dem Kampf sei es gekommen, als eine gepanzerte israelische Einheit auf den Berg Rub Thalathin in dem Dorf Adaisseh im mittleren Abschnitt der Grenze vorrückte. Israel hat angekündigt, die Hisbollah bis zu 30 Kilometer an den Fluss Litani zurückdrängen zu wollen. Die Israelis sind bei ihren Angriffen bisher auf erbitterten Widerstand der verschanzten Hisbollah-Einheiten gestoßen.
Luftangriffe in voller Stärke wieder aufgenommen
Israels Justizminister Haim Ramon hatte am Dienstag gesagt, nach Ablauf der am frühen Montag ausgerufenen Feuerpause von 48 Stunden würden auch die Luftangriffe am Mittwoch wieder in voller Stärke aufgenommen. Der Krieg in der Region geht inzwischen in die vierte Woche. Während Israel Ziele im Libanon angreift, feuert die Hisbollah Raketen auf Israel. Bislang sind im Libanon mindestens 631 und in Israel 54 Menschen getötet worden. Hunderttausende sind auf der Flucht. Die UN wollen vermutlich noch in dieser Woche über die Entsendung einer internationalen Schutztruppe in den Libanon beraten.
Rice gibt sich weiterhin optimistisch
US-Außenministerin Condoleezza Rice sagte am Dienstag, sie halte eine Waffenruhe innerhalb von Tagen für möglich. "Wir sprechen sicherlich eher über Tage als über Wochen", sagte sie dem US-Sender PBS. Zuvor müssten aber bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Vor allem müsse die Regierung des Libanon die Kontrolle über die südlichen Landesteile haben, um weitere Angriffe der Hisbollah auf Israel zu verhindern.
Israels Vize-Ministerpräsident Schimon Peres sagte, der Krieg könne noch Wochen dauern. Infrastrukturminister Binjamin Ben-Elieser deutete einen Zeitraum von bis zu zwei Wochen an. Ministerpräsident Ehud Olmert äußerte sich nicht zu einem Zeitplan. "Wir stehen am Beginn eines politischen Prozesses, der am Ende zu einem Waffenstillstand unter völlig neuen Bedingungen führen wird", sagte er lediglich. Die Hisbollah werde niemals mehr in der Lage sein, Israel zu bedrohen. "Diese Gefahr wird nicht mehr so sein wie sie einmal war." Seinen Worten zufolge wurden seit Beginn des Kriegs 300 der schätzungsweise 2000 Hisbollah-Kämpfer getötet. Die Hisbollah wies dies zurück.
Annan bittet um Einigkeit
UN-Generalsekretär Kofi Annan hat am Dienstag die ständigen Mitglieder im Sicherheitsrat aufgefordert, ihre Differenzen im Nahost-Konflikt beizulegen. Ein ursprünglich am Montag geplantes Treffen der Länder, die möglicherweise Truppen zu einer internationalen Friedensmission im Südlibanon beisteuern, setzte er für Donnerstag an.
Annan betonte nach UN-Angaben bei einem Frühstück mit den Botschaftern aus den USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China die Notwendigkeit für eine Zusammenarbeit. Die fünf müssten ihre Meinungsverschiedenheiten hinter sich lassen, um die Krise so schnell wie möglich überwinden zu können. Ein hoher UN-Vertreter sagte, Annan sei besonders darauf bedacht, dass sich die USA und Frankreich nicht wie vor dem Irak-Krieg 2003 auseinander bewegten. Frankreich gilt als mögliche Führungsnation einer Friedenstruppe.
Einem französischen Resolutionsentwurf zufolge sollen die Truppen erst nach einem Waffenstillstand stationiert werden und nachdem sich Israel und Libanon auch prinzipiell auf die Bedingungen für eine permanente Waffenruhe geeinigt haben. Die USA sprechen sich dagegen für eine frühere Stationierung der Truppen aus.