Kooperation mit den USA Nutzt Russland Flüchtlinge als Waffe? Finnland nennt steigende Migrationszahlen "Racheakt"

Flüchtlinge an der Grenze zwischen Russland und Finnland
Finnische Grenzbeamte nehmen Geflüchtete aus Russland in Empfang 
© Vesa Moilanen / Lehtikuva / DPA
Finnland registriert einen Anstieg illegaler Migranten aus Russland. Der finnische Präsident Sauli Niinistö warf dem Nachbarland vor, Geflüchtete ohne Papiere die Grenze passieren zu lassen. Es sei ein "Racheakt" für die Kooperation mit den USA.

Die Fronten zwischen Finnland und Russland verhärten sich weiter. In den vergangenen Tagen verzeichnete Finnland einen Anstieg der Migrationszahlen aus Russland. Die Anzahl von Asylsuchenden an der Südostgrenze steige seit Tagen, so die finnischen Behörden. Der finnische Präsident Sauli Niinistö sagte, es scheine wie ein "Racheakt des Kremls" für die angekündigte engere Zusammenarbeit Finnlands mit den USA. 

Finnland verzeichnet mehr Asylsuchende aus Russland: Stärkere Grenzsicherung angekündigt

Absprachen beider Länder sahen in der Vergangenheit vor, dass russische Einheiten den Grenzübertritt von Migranten ohne gültige EU-Visa nach Finnland verhindern. Nun aber würden immer mehr illegale Asylsuchende aus Syrien, dem Irak, dem Jemen und Somalia über die Grenze in das EU-Land einreisen, wie finnische Grenzbeamte berichten. Russland ermögliche ihnen anders als früher trotz fehlender Dokumente die Weiterreise nach Finnland, so Innenministerin Mari Rantanen. Die Regierung erwäge daher, die Zahl der Grenzübergänge zu verringern oder zentrale Übergänge für Einreise zu schaffen. Auch eine komplette Schließung der Grenze sei denkbar.

Wie finnische Grenzeinheiten dem Fernsehsender "YLE" am Montag erklärten, lasse Russland Asylbewerber mit Fahrrädern über die Grenze, obwohl Finnland dies seit vergangener Woche verboten habe. Zumindest in einigen Fällen seien internationale Verbrechergruppen in die Einreisen verwickelt. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Grenzverkehr auf andere Weise als durch ein klares finnisches Vorgehen beendet wird", sagte Niinistö auf einer Pressekonferenz. 

"Wir werden jetzt ständig und jeden Tag daran erinnert, dass Finnland der Nato beigetreten ist. Ich denke, dass dieses Mal vielleicht das DCA [Abkommen über die Verteidigungszusammenarbeit mit den USA, Anm. d. Red.] der Auslöser für die Situation ist." 

Kreml weist Vorwürfe zurück – Bundespräsident Steinmeier nennt Situation "jedenfalls auffällig"

Den Angaben zufolge wurden vergangene Woche 71 Menschen ohne gültige Papiere an der Grenze registriert, an diesem Montag und Dienstag waren es insgesamt bereits etwa 60. Die meisten kamen demnach aus dem Nahen Osten. Einige hätten eine gewisse Zeit in Russland verbracht. Andere reisten dort nur durch, wie es hieß. Ministerpräsident Petteri Oropo sagte, es sei klar, dass den Menschen geholfen worden sei, um an die Grenze zu kommen. Russische Grenzschützer seien ihnen gefolgt und hätten sie transportiert.

Maria Zakharova, eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, wies die Vorwürfe als "absolut unbegründet" zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte lediglich, Moskau bedauere zutiefst die Entscheidung Finnlands, sich von den bisher guten bilateralen Beziehungen zu distanzieren.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier unterstützte Niinistö bei einem gemeinsamen Auftritt beim Vorwurf, Russland würde Flüchtlingen gezielt bei Grenzüberschritten helfen, um Staaten im Westen zu destabilisieren. Auf die Frage, ob Russland Migration gezielt als Waffe einsetze, erklärte Niinstö ausweichend: "Wir wissen, dass die Grenzbehörden Russlands in der Nähe der Grenze diesen Ankömmlingen helfen."

Steinmeier sagte, es sei "jedenfalls auffällig", dass neben üblichen Routen, auf denen Flüchtlinge etwa über den Westbalkan nach Zentraleuropa kämen, in letzter Zeit häufiger Grenzübertritte insbesondere von Russland über Weißrussland und Polen nach Deutschland zu betrachten seien. Dies mache auch die innerdeutsche Debatte über Migration nicht einfacher. "Ich unterstelle, dass man in Russland und anderswo sehr genau weiß, wie schwierig diese Debatten sind und in Staaten wie Finnland und Deutschland auch innerstaatliche Turbulenzen und damit politische Schwierigkeiten auslösen. Deshalb vermute ich, dass es nicht ganz absichtslos geschieht."

Russland und Finnland teilen sich eine knapp 1300 Kilometer lange Landgrenze. Bislang sind die finnischen Grenzen vornehmlich mit leichten Holzzäunen gesichert, die vor allem Viehbestände im Land halten sollen. Das 5,5-Millionen-Einwohner-Land erbaut aber derzeit einen 200 Kilometer langen Zaun entlang eines Teils der finnisch-russischen Grenze.

Quellen: The Guardian, mit Material von AFP und DPA

pgo