Nach der jüngsten Eskalation der Gewalt zwischen rivalisierenden Palästinensergruppen haben sich die regierende Hamas und die Fatah-Bewegung von Präsident Mahmud Abbas auf eine neue Waffenruhe verständigt. Wie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erklärte, trat die Vereinbarung um 23.00 Uhr Ortszeit in Kraft.
Beide Seiten hätten vereinbart, ihre bewaffneten Kämpfer von den Straßen abzuziehen und alle Entführten freizulassen. Außerdem soll ein gemeinsamer Führungsstab aus Hamas-Vertretern und den von der Fatah dominierten palästinensischen Sicherheitskräften auf mögliche Verstöße gegen die Waffenruhe reagieren.
Abbas sagte, er hoffe, die neue Vereinbarung mit der Hamas beende die Kämpfe im Gazastreifen. Hamas-Ministerpräsident Ismail Hanija rief die Streitparteien auf, sich an die Feuerpause zu halten. Der vorangegangene Waffenstillstand hatte sich als äußerst brüchig erwiesen.
Sechs Tote bei Schießereien
Die jüngste Vereinbarung wurde von Ägypten vermittelt. Hamas-Innenminister Sajad Siam habe sich bei dem Dringlichkeitstreffen in der ägyptischen Botschaft mit den palästinensischen Polizeichefs geeinigt, die der Fatah nahe stehen. Unmittelbar nach dem Inkrafttreten berichteten Anwohner in Gaza allerdings wieder von Schusswechseln. Dabei sei mindestens ein Hamas-Kämpfer verletzt worden.
Bei Schießereien zwischen Anhängern der radikal-islamischen Hamas und der gemäßigten Fatah waren im Tagesverlauf mindestens vier Menschen ums Leben gekommen. Zudem wurden auch die Leichen zweier Sicherheitskräfte der Fatah entdeckt. Mindestens 20 weitere, darunter mehrere Schulkinder, wurden nach Krankenhausangaben verletzt. Mitglieder der Organisation warfen Polizisten der Hamas vor, die Männer entführt und ermordet zu haben. Die Hamas wies die Vorwürfe zurück.
"Rückzug eingeleitet
Die Opferzahl vom Dienstag war die höchste, seit die internen Kämpfe am Wochenende an Schärfe zugenommen hatten. Die Auseinandersetzungen waren nach Abbas' Ankündigung ausgebrochen, Neuwahlen anzustreben. Die Hamas hat das Vorhaben als versuchten Staatsstreich gebrandmarkt.
Hanija betonte in einer direkt im Fernsehen übertragenen Rede, die Hamas werde die Wahlen boykottieren, sollten sie denn stattfinden. Er rief in einer Ansprache in Gaza zu einem Ende der Gewalt auf. Gleichzeitig nannte er die Ausrufung von Neuwahlen durch Abbas "gesetzeswidrig". Den USA warf er vor, einen Sturz seiner Regierung anzustreben. Hanija bekräftigte seine Bereitschaft zur Gründung eines Palästinenserstaates in den Grenzen von 1967 (mit Gazastreifen, Westjordanland und Ost-Jerusalem). Die Palästinenser seien im Gegenzug zu einer Waffenruhe von zehn bis 15 Jahren mit Israel bereit.
In der jüngsten Vereinbarung zu einer Waffenruhe hieß es nun, "alle bewaffneten Männer" sollten die Straßen verlassen. Hamas- und Fatah-Kämpfer wurden aufgerufen, zu jenen Stellungen zurückzukehren, die sie vor dem Aufflammen der Kämpfe eingenommen hatten. "Wir haben den Rückzug eingeleitet", sagte ein Sprecher der Hamas-Einheiten. Aus Regierungskreisen verlautete, auch die Präsidentengarde habe ihren Rückzug angetreten. Zudem hätten die Streitparteien damit begonnen, ihre jeweiligen Geiseln freizulassen.