Parlamentswahl in Italien Berlusconi kündigt Kandidatur für 2013 an

Der "Cavaliere" kriegt einfach nicht genug: Silvio Berlusconi will bei der Parlamentswahl im Frühjahr noch einmal antreten und zum fünften Mal Premier von Italien werden.

Italiens Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi tritt bei der Parlamentswahl im kommenden Jahr noch einmal an. "Ich kehre traurig in den öffentlichen Dienst zurück", sagte Berlusconi am Samstag dem Fernsehsender "TGCOM24". "Und erneut tue ich es aus einem Gefühl der Verantwortung heraus."

Spekulationen über eine Rückkehr Berlusconis auf die politische Bühne waren zuletzt hochgekocht, nachdem er dies wiederholt angedeutet hatte. Er hatte vergangenes Jahr den Posten als Regierungschef für den parteilosen Mario Monti und dessen Technokraten-Kabinett geräumt, als sich die Schuldenkrise in der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone zuspitzte.

Vor Journalisten in Milanello in der Nähe von Mailand sagte der 76-Jährige nun: "Ich trete an, um zu gewinnen." Er fühle sich berufen, "Italien vor dem Abgrund" zu retten.

Am Donnerstag hatte Berlusconis Partei "Volk der Freiheit" (PDL) Montis Kabinett erheblich unter Druck gesetzt. Sie entzog der Regierung faktisch die Unterstützung, indem ihre Fraktionen im Senat und Abgeordnetenhaus bei zwei getrennten Vertrauensabstimmungen über die Wirtschaftspolitik jeweils den Saal verließen. Monti gewann die Abstimmungen zwar anschließend. Seine Regierung steht seitdem aber dennoch auf wackeligen Beinen. Die PDL erklärte am Freitag, sie werde in den kommenden Tagen darüber entscheiden, ob sie die Technokraten-Regierung noch vor den nächsten Wahlen, die Anfang März erwartet werden, zu Fall bringe.

Hat Berlusconi eine Chance?

Dies löst hektisches politisches Treiben in Rom aus. Denn damit ist der Wahlkampf für 2013 voll entbrannt. Aber hat Berlusconi bei dem Urnengang im Frühjahr überhaupt eine Chance? Das Misstrauen will er Monti nun nicht per Votum bescheinigen. Seine Partei will sich aber bei Regierungsdekreten enthalten, vom Haushalt 2013 abgesehen.

Seit dem Sommer hält der 76-jährige "Cavaliere" nicht nur Italien in Atem, denn auch die europäischen Partner und die Börse setzen auf die Reformpolitik des Wirtschaftsprofessors Monti. Berlusconi kündigt mal an, sehr wohl über eine Kandidatur nachzudenken, dann wieder will er eine neue Partei gründen oder auch den jüngeren Alfano ranlassen.

Eiserne Spar- und Reformpolitik

Der einst starke PdL ist zerrissen, zeigt Zeichen der Auflösung und ist in Umfragen auf nur noch etwa 15 Prozent abgestürzt. Noch einmal meint Berlusconi also, jene Rolle übernehmen zu müssen, die nach seinem Rücktritt vor einem Jahr die allermeisten für ausgespielt hielten - als Retter der Partei, der Rechten und des in der Rezession steckenden Landes. "Die Ewige Rückkehr des Cavaliere", so nennt das die römische "La Repubblica", die Anti-Berlusconi-Speerspitze. Und sieht den Schritt als Verzweiflungstat, mit der Berlusconi Freunden und Feinden, Monti und dem Land die Pistole an die Schläfen setze.

Das hoch verschuldete und in einer tiefen Rezession steckende Italien hat sich aber seit Berlusconis Abgang ein gutes Stück weit verändert. Der von Staatschef Giorgio Napolitano eingesetzte Monti brachte mit seiner eisernen Spar- und Reformpolitik das Vertrauen in Europa und bei den Finanzmärkten merklich zurück.

Aufgestiegen zur stärksten Kraft ist die Mitte-Links-Partei PD des Pier Luigi Bersani, der in überzeugenden Urwahlen zum Spitzenkandidaten der Linken gekürt wurde. Aufgestiegen ist aber auch die rechtspopulistische Anti-Politik- und Anti-Euro-Internetbewegung "Fünf Sterne" des Komikers Beppe Grillo. Dann gibt es Kräfte und eine neue Partei, die wollen, dass Monti seine Reformen fortsetzen kann.

Verunsicherung der Finanzmärkte

In der unübersichtlichen politischen Gemengelage ist der Staatschef gefragt. Napolitano hatte es eingefädelt, dass Monti und seine so genannte Technokratenregierung ohne Wahlen auf Reformkurs gehen konnten. Giorgio Napolitano müsse nun zu verhindern versuchen, "dass Mitte-Rechts, am Rande des Kollapses, seine Spannungen und Unsicherheiten auf dem Regierungschef ablädt", so der rechtsliberale Mailänder "Corriere della Sera". Die Welt schaut auf Italien und die Finanzmärkte reagierten sofort negativ auf die jüngste Entwicklung.

Napolitano warnt davor, dass alles zu Bruch geht. Er versucht in Dauerkonsultationen , einem überstürzten Ende der Legislaturperiode mit einem Plan für ein geordnetes Vorgehen zu begegnen. Eine Stunde sprach er mit Alfano, der dann im Parlament fast wie Napolitanos Echo sagte: "Wir wollen diese Legislaturperiode ordentlich abschließen, nicht die Institutionen und das Land in ein Durcheinander bringen." Damit zeichnet sich für Italien ein spannender Urnengang im März ab.

Monti bleibt gelassen

Alfano tritt ins Glied zurück, da Berlusconi antritt, und muss auch die Wogen in den eigenen Reihen zu glätten versuchen. Denn die meisten in der Partei wollten Urwahlen wie bei der Linken, keinen aufgezwungenen Kandidaten Berlusconi. "Ohne Armee kämpft man nicht, Alfano gehört die Zukunft, Berlusconi respektiert die Regeln nicht", sagte der PdL-Senator Carlo Giovanardi der "Repubblica". Das klingt so, als nehme der Cavaliere die auf ihn zugeschnittene Partei als Geisel. Aus der kam allerdings auch höchster Unmut über die Politik des Reformers Monti, die Berlusconi bislang noch zähneknirschend mitgetragen hatte. Jetzt geht er den Wirtschaftsprofessor frontal an.

Und Monti? Der frühere EU-Kommissar wartet mit der ihm eigenen Ruhe ab, welche Signale aus dem Palast des Staatschefs kommen. Er will nicht unbedingt wieder Regierungschef werden und ist schon für andere Aufgaben im Gespräch. Aber er will auch, als "Retter Italiens" gerufen, dass seine noch unvollendete Reformpolitik fortgeführt wird.

DPA · Reuters
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