In Norwegen hat das rot-grüne Oppositionsbündnis die Parlamentswahl gewonnen und die Mitte-Rechts-Koalition von Ministerpräsident Kjell Magne Bondevik von der Macht verdrängt. Laut dem am Dienstagmorgen veröffentlichten vorläufigen amtlichen Endergebnis errang die siegreiche Drei-Parteien-Allianz unter der Führung des Sozialdemokraten Jens Stoltenberg 88 der 169 Sitze. Stoltenberg wollte sich noch im Dienstag mit seinen beiden Koalitionspartnern zu Gesprächen über die Regierungsbildung treffen.
"So klar hatte ich das nicht erwartet"
Vom strahlenden sozialdemokratischen Erfolg bei der norwegischen Parlamentswahl war auch der Wahlsieger selbst überrascht. "So klar hatte ich das nicht erwartet", sagte Parteichef Jens Stoltenberg erstaunt, als der Zuwachs seiner Arbeiterpartei um 8,5 Prozentpunkte und die klare absolute Mehrheit für seine "rot-grüne Regierungsalternative" feststanden. Aber Stoltenbergs Jubel fiel kontrolliert und ziemlich staatsmännisch aus.
Der Wirtschaftswissenschaftler und zweifache Vater hat seine Partei mit eher traditionell sozialdemokratischen Forderungen nach Ausbau des Wohlfahrtsstaates zum Erfolg geführt. Im persönlichen Auftreten erinnerte nichts mehr an den einstigen Polit-Jungstar, der sich in den neunziger Jahren als Magnet für weibliche Stimmen vermarkten ließ und "Jens der Mädchen" genannt wurde.
Markige Modernisierungsparolen im Stil von Tony Blairs
Stoltenbergs markige Modernisierungsparolen im Stil von Tony Blair, seine forsche Privatisierungspolitik und ein schroffer Sparkurs als Ministerpräsident ab 2000 gefielen aber Norwegern beiderlei Geschlechtes so wenig, dass die Arbeiterpartei ein Jahr später mit 24,3 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 77 Jahren einfuhr. Das war ein ganz anderer "Jens-Effekt" als der nach mehreren Wahlverlusten von Sozialdemokraten erhoffte.
Stoltenberg, der das politische Handwerk als Sohn des früheren Außenministers Thorvald Stoltenberg (74) schon als Knirps aus nächster Nähe studieren konnte, erklärte danach: "Wir haben verstanden." Er präsentierte sich nun als Wahrer klassischer sozialdemokratischer Tugenden, suchte den Schulterschluss mit den Gewerkschaften und baute geduldig mit den Linkssozialisten sowie der liberalen Zentrumspartei eine "rot-grüne Regierungsalternative".
Langfristig soll Norwegen in die EU
Im Auftreten deutlich bescheidener als in jungen Jahren, will Stoltenberg sein dank Öl und Gas in der Nordsee für europäische Verhältnisse unbeschreiblich reiches Land langfristig in die EU führen. Das hindert ihn aber nicht an der Zusammenarbeit mit zwei Parteien, die strikt gegen einen Beitritt sind.
Im Wahlkampf, für den er einhellig Lob von Freunden und Kontrahenten erntete, blickte Stoltenberg hin und wieder ans andere Ende der Nordsee: "Gerhard Schröder ist immer eine wichtige Quelle der Inspiration für mich gewesen. Ich hoffe doch sehr, dass er es noch schafft."