Bewaffnete Flugbegleiter haben in den USA einen offenbar geistig verwirrten Mann erschossen, der behauptete, er habe eine Bombe im Handgepäck. Es war das erste Mal, dass die seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 auf US-Flügen eingesetzten "Sky Marshals" einen Passagier töteten. Wie die Zeitung "Miami Herald" am Donnerstag berichtete, befand sich der Mann auf einem Flug von Medellin in Kolumbien nach Orlando in Florida.
Bei einem Zwischenstopp in Miami verhielt sich der 44-jährige Mann nach Angaben von Augenzeugen auffällig. Er sei durch den Gang der Maschine gestürmt und habe dabei andere Passagiere umgestoßen. Dann habe er etwas von einer Bombe im Handgepäck gemurmelt. Sofort hätten ihn zwei "Sky Marshals" an Bord der Boeing 757 von American Airlines aufgefordert, sich auf den Boden zu legen.
"Der Passagier hat an sein Handgepäck gefasst, und an diesem Punkt - in Übereinstimmung mit ihrer Ausbildung - haben die Air-Marshals die geeigneten Schritte unternommen. Schüsse wurden abgegeben, als das Team versuchte, das Subjekt zu überwältigen", sagte ein Sprecher des US-Heimatschutzministeriums. Den Angaben nach handelte sich bei dem Erschossenen um Rigoberto Alpizar, der aus Ecuador angekommen war und von Miami nach Orlando fliegen wollte.
Flugbegleiter griffen hart ein
Die übrigen 113 Passagiere der Boeing 747 wurden nach den Schüssen aufgefordert, das Flugzeug mit erhobenen Händen zu verlassen. Eine Wartehalle wurde für kurze Zeit evakuiert, Scharfschützen bezogen Position. Im Fernsehen war zu sehen, wie Sicherheitskräfte mit Spürhunden die Gepäckstücke des Flugzeugs untersuchten. Ein Vertreter der Flugbegleitervereinigung erklärte später, es sei kein Sprengstoff gefunden worden.
Eine Passagierin sagte dem Fernsehsender WTVJ, der Mann habe einen verwirrten Eindruck gemacht und offensichtlich behandelt werden müssen. Er sei wie wahnsinnig durch den Mittelgang des Flugzeugs gelaufen. Seine Begleiterin hatte noch in Englisch "Stopp, Stopp" und dann auf Spanisch "Er ist krank, er ist krank" gerufen. "Sie rannte hinter ihm her und plötzlich gab es vier oder fünf Schüsse", sagte Mary Gardner. Nach unbestätigten Meldungen war der Mann psychisch krank und hatte seine Medikamente nicht genommen.
Ein anderer Augenzeuge zeigte sich im Gespräch mit der Zeitung "Miami Herald" erschüttert über das harte Eingreifen der Flugbegleiter. "Sie haben mir eine Waffe an den Hinterkopf gehalten und gesagt: Legen Sie Ihre Hände auf den Sitz!", sagte John McAlhany dem Blatt zufolge. "Das jagte mir mehr Angst ein als alles andere."
Eine Bombe wurde später bei der Durchsuchung seines Gepäcks nicht gefunden. Einen terroristischen Hintergrund schloss das Heimatministerium aus. "Sky Marshalls" sind seit in den USA zur Verbesserung der Sicherheit an Bord von Flugzeugen seit den Anschlägen vom 11. September 2001 im Einsatz.
Keine privaten Sicherheitsleute in deutschen Maschinen
"Ich kenne nicht alle Einzelheiten aus Miami, so dass ich nicht sagen kann, ob unsere Leute im konkreten Fall geschossen hätten", sagte Josef Scheuring, Vorsitzender des Bezirks Bundespolizei bei der Gewerkschaft der Polizei. "Aber an Bord von deutschen Maschinen ist die Gefahr für die Passagiere, von den Begleitern erschossen zu werden, deutlich geringer."
Die Bundespolizei stelle an die künftigen "Sky Marshals" dieselben hohen Anforderungen wie an die Mitglieder der Anti-Terror-Einheit GSG 9, sagte Scheuring. Besonders wichtig sei neben der körperlichen Fitness und großer Erfahrung die psychologische Eignung. "Diese schwierige Aufgabe muss vom Kopf bestimmt sein und nicht von der Größe des Kalibers der eigenen Waffe." In den USA seien hingegen tausende private Sicherheitskräfte mit Waffen in den Maschinen unterwegs, was er für ein zusätzliches Risiko halte.
In Deutschland kommen private Flugzeugschützer gegen den Protest von Sicherheitsunternehmen nicht zum Zuge. "Bei uns kommen nur bestens ausgebildete Polizisten an Bord, die wissen, was sie in einer Gefahrensituation zu tun haben", sagte Scheuring. Deutschland habe nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sehr schnell reagiert und mit dem Aufbau einer Spezialeinheit begonnen, die am Frankfurter Flughafen beheimatet ist. Die deutschen "Sky Marshals" kommen auf zufällig ausgewählten Flügen, vor allem in die USA, zum Einsatz.