Was für eine Blamage! Alle haben sie gewusst, mit was für einem Regime sie sich einließen: US-Präsident Bush, die Herren Blair und Brown, und all die anderen, die dem pakistanischen Militärdiktator Pervez Musharraf in den letzten Monaten den Rücken gestärkt haben. Die so getan haben, als sei die Fortsetzung seiner Herrschaft mit Demokratie vereinbar. Schließlich habe Musharraf versprochen, im Januar freie und faire Parlamentswahlen abzuhalten und seinen Posten als oberster Militär des Landes abzugeben. Und schon jetzt sei Pakistan ein freieres Land, als jemals zuvor, mit unzensierten Medien, unabhängigen Richtern und Demonstrationen sogar gegen die Regierung.
Mit der Ausrufung des Notstands am vergangenen Samstag hat Musharraf höchstselbst alle vorgeführt, die an diesem Bild von einem schönen, neuen, demokratischen Pakistan mit ihm an der Spitze mitgemalt hatten. Denn sie haben von Anfang an gewusst, dass das Bild eine Fälschung war. Zu oft schon hatte Musharraf bewiesen, dass er demokratisches Fairplay genau so lange erträgt, wie das Spiel zu seinen Gunsten läuft. Wann immer das nicht der Fall war, hatte er Wahlen fälschen und Gegner verschwinden oder mundtot machen lassen. Auch das Versprechen, seine Uniform abzulegen, hatte er schon einmal gebrochen.
Ermahnungen sind nur politische Kosmetik
Nun zeigt das Regime des Generals sein - wohl bekanntes - wahres Gesicht. Die Anführer der Opposition: zu Hunderten verhaftet oder unter Hausarrest gestellt. Dutzende kritische Fernsehsender: aus dem Äther getilgt. Das Grundrecht der Bürger auf Schutz von Leib und Leben: ausgehebelt. Polizei und Militär, die jetzt die Straßen von Karatschi, Lahore und Islamabad besetzt haben, sind angewiesen, gegen jegliche Opposition hart durchzugreifen. Wer verhaftet wird, kann 90 Tage ohne Angabe von Gründen festgehalten werden und hat keinen Anspruch auf einen Anwalt.
Die Ermahnungen für eine Rückkehr zur Demokratie, die jetzt aus Washington, London und Berlin kommen, sind scheinheilig: Sie dienen allein zur politischen Kosmetik. Die milliardenschwere Finanzhilfe aus dem Westen, die Musharraf seit Jahren an der Macht hält, wird weiter fließen. Denn vor allem in Washington gilt Musharraf immer noch als unverzichtbarer Alliierter im Kampf gegen den Terror von Taliban und al Qaeda. Und das obwohl das pakistanische Militär unter seiner Führung immer nur halbherzig gegen die Trainingslager und Rückzugsgebiete der Islamisten entlang der Grenze zu Afghanistan vorgegangen ist. Musharraf weiß, dass er ohne sie schnell den Nimbus des treuen Vasallen verlieren würde, der den Atomstaat Pakistan vor einer islamischen Revolution bewahrt.
Auch Bhutto taugt nicht als Hoffnungsträgerin
Bleibt Benazir Bhutto. Seit die Ex-Premierministerin Mitte Oktober aus dem Exil nach Pakistan zurückgekehrt war und erklärt hatte, sie wolle bei den Wahlen im Januar antreten, hatten viele ihr Hoffnung auf sie gerichtet. Bhutto, so hatte es geheißen, sei die Einzige, die Musharraf die Stirn bieten und seine Macht in Schranken weisen könne. Doch seit dem vergangenen Samstag kann man auch diese Hoffnung getrost begraben.
Schließlich war es Bhutto, die die Abgeordneten ihrer Partei vor Wochen ins Parlament schickte, damit für Musharrafs Wiederwahl das nötige Quorum zustande kam. Schon da hatten viele Pakistaner Verrat gewittert. Denn zum Dank hatte der Präsident versprochen, die Korruptionsvorwürfe zu kassieren, die ihr seit Jahren die Rückkehr ins Land unmöglich gemacht hatten.
Jetzt sitzt Bhutto in der Falle: Die Wahlen im Januar, bei denen sie noch einmal antreten wollte, sind passé. Und ob sie die Massen gegen Musharrafs Notstandsgesetze auf die Straßen bringen kann, ist zweifelhaft. Ihren Deal mit dem Diktator werden ihr die Bürger jetzt erst recht nicht verzeihen. Seine Freunde in Washington hat Musharraf öffentlich vorgeführt - Benazir Bhutto hat er blamiert bis auf die Knochen.