Auch mehrere Tage nach dem nordkoreanischen Beschuss einer südkoreanischen Insel ist keine Entspannung der Lage in Sicht. Die südkoreanischen Streitkräfte drohten am Samstag mit Vergeltung für die beiden Soldaten, die neben zwei Zivilisten am Dienstag getötet wurden. Vor am Sonntag beginnenden gemeinsamen Manövern mit den USA ermahnte Südkoreas Präsident Lee Myung Bak seine Landsleute, sich auf weitere "Provokationen" des Nordes einzustellen. Nordkorea äußerte erstmals sein Bedauern darüber, falls es beim Beschuss der Insel zivile Opfer gegeben habe.
Der Kommandeur der südkoreanischen Marineinfanterie, Yoo Nak Joon, kündigte in Seoul bei einer Trauerfeier für die beiden getöteten Soldaten "tausendfache" Vergeltung an. Alle Marineinfanteristen würden den Tod der beiden um jeden Preis rächen. Dies werde "mit all unserer Wut und all unserem Hass" geschehen. Auch der neue Verteidigungsminister des Landes kündigte einem Zeitungsbericht zufolge ein hartes Vorgehen gegen das kommunistische Nachbarland an. Man müsse mit vielfacher Härte zurückschlagen. Der bisherige Verteidigungsminister war wegen des Beschusses zurückgetreten.
Angesichts des Militärmanövers mit den USA hält Präsident Lee seinem Sprecher zufolge "unerwartete Handlungen" Nordkoreas für möglich. Darauf solle sich das Land "durch die Zusammenarbeit mit der gemeinsamen südkoreanisch-amerikanischen Streitmacht vorbereiten", erklärte Lee vor Ministern und Mitarbeitern.
Zu dem Manöver vor der Westküste Koreas wird auch der US-Flugzeugträger "George Washington" erwartet. Nach Angaben der US-Streitkräfte dient der Einsatz zur Abschreckung Nordkoreas, nicht aber Chinas. Die Regierung in Peking hatte erklärt, um eine Deeskalation der Lage bemüht zu sein und zugleich vor Militäreinsätzen vor seiner Küste gewarnt.
Nordkorea unternahm am Samstag den ungewöhnlichen Schritt einer Entschuldigung. Sollten bei dem Angriff am Dienstag Zivilisten getötet worden sein, sei dies "sehr bedauerlich". Zugleich warf der Norden Südkorea vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde einzusetzen. Hinter der ganzen Eskalation stünden jedoch die USA.
Diese forderten China zu Druck auf Nordkorea auf, um eine Eskalation zu verhindern. Warum China bislang nicht mäßigender auf Nordkorea einwirke, sei nur schwer zu erklären, sagte US-Generalstabschef Mike Mullen in einem am Freitag vorab veröffentlichten CNN-Interview.