"Ukraine – die Lage" Sicherheitsexperte Mölling: "Die Europäer haben nichts, was sie China anbieten können"

Ein etwas verkrampfter Händedruck: Chinas Staatschef Xi Jinping und der französische Präsident Emmanuel Macron
Ein etwas verkrampfter Händedruck: Chinas Staatschef Xi Jinping (l.) und der französische Präsident Emmanuel Macron
© Ng Han Guan / Getty Images
Der französische Präsident Emmanuel Macron ist gemeinsam mit EU-Chefin Ursula von der Leyen zu Besuch in China. Fortschritte zur Beendigung des Ukraine-Krieges wird die Visite nicht bringen, sagt Sicherheitsexperte Christian Mölling.

Der Sicherheitsexperte Christian Mölling erwartet keine Fortschritte zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine beim Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Peking. Mölling sagte am Donnerstag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage": "Die Europäer haben nichts, was sie China zum jetzigen Zeitpunkt anbieten können." Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wollen die chinesische Führung dazu bewegen, ihren Einfluss auf Russland zu nutzen. Zugleich geht es darum, Waffenlieferungen und andere Unterstützungsleistungen für die russische Kriegführung zu verhindern. Hier sah Mölling eher Möglichkeiten für Macron und von der Leyen. Sie könnten die Sanktionsmöglichkeiten des Westens im Technologiebereich verdeutlichen. "Das wäre sicherlich etwas, das China treffen würde", sagte der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Europäer in Außenpolitik gespalten

Mölling warnte davor, Chinas Einfluss auf Russland zu überschätzen. "China ist sicher ein wichtiger Akteur", sagte er. Aber die Partnerschaft mit Russland habe Grenzen. "Das ist jetzt kein Untergebenenverhältnis", stellte er klar. China könne Russland nicht sagen, es solle jetzt den Krieg beenden. Zudem habe es kein Interesse an einer Niederlage seines Partners.

Wenig optimistisch äußerte er sich zu den Möglichkeiten einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik. "Wenn man versucht, die Macht der europäischen Institutionen im Bereich der Außenpolitik zu vermessen, dann muss man schon ein Mikroskop nehmen", sagte er.

Die gemeinsame Politik bestehe am Ende aus der Summe dessen, worauf sich alle einigen könnten. "Und das ist halt nicht wahnsinnig viel“.

Härterer Kurs gegenüber China gefordert

Frankreich wie Deutschland warf er vor, sie seien in der Politik gegenüber China "auf ausgetretenen Pfaden unterwegs“. Beide Länder zögerten, wenn es um einen kritischeren Kurs gehe. Der Grund sei einfach: "Weil man eben so eng verflochten ist und der wirtschaftliche Wohlstand davon abhängt." Das sei zwar verständlich, aber führe zu einer immer größeren Abhängigkeit. Mölling verglich die China-Politik mit der Russland-Politik nach der Annexion der Krim 2014. Auch damals habe man es versäumt, rechtzeitig die richtigen Schlüsse zu ziehen und zu handeln.

Mölling räumte ein, dass die Bundesregierung angesichts der Folgen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine sowie des Wunsches, mehr für den Klimaschutz zu tun, in einer schwierigen Lage sei. Denn eine grundsätzliche Neuorientierung der China-Politik würde zusätzliche Belastungen bedeuten. "Da hat man offensichtlich die Angst, dass man das den Leuten nicht verkaufen kann", sagte Mölling.

tis