Vereint für Europa. Der slowakische Wahlsieger Robert Fico geht mit weit geöffneten Armen auf die Opposition zu. "Das Wichtigste ist jetzt eine stabile und eindeutig pro-europäische Regierung", sagte Fico der DPA schon im Wahlkampffinale.
Nach seinem triumphalen Wahlsieg konkretisierte er: "Obwohl wir genug Stimmen bekommen haben, um allein regieren zu können, wollen wir mit allen anderen Parlamentsparteien einen Runden Tisch bilden, um über eine künftige Regierungskooperation zu reden. Denn eine Koalition ist immer besser als eine Alleinregierung. Es ist wichtig, dass sich zumindest zwei Parteien gegenseitig kontrollieren und Kompromisse finden. Denn um Kompromisse geht es in der Politik."
So viel Kompromissbereitschaft und Teamgeist klingt noch ungewohnt aus dem Munde des energischen Einzelkämpfers, der in den vergangenen zehn Jahren im Alleingang die slowakische Politik aufgerollt hatte. Nach seinem Austritt 1999 aus der damals mitregierenden Partei der Demokratischen Linken SDL hatte er als unabhängiger Abgeordneter im Parlament so viel Sympathien gewonnen, dass er in den Jahren danach von einem Wahlerfolg zum nächsten stürmen konnte, während alle anderen Linksparteien aus dem Parlament fielen.
Ungewöhnliche Koalitionspartner
Nicht nur die SDL, sondern alle anderen noch zur Jahrtausendwende bestehenden Parteien des zersplitterten linken Lagers mit Ausnahme der Altkommunisten haben sich inzwischen aufgelöst und ihren Mitgliedern den Beitritt zu Ficos Smer-Sozialdemokratie empfohlen.
Den Doppelnamen verpasste Fico seiner Partei, die ursprünglich nur Smer (Richtung) hieß, aus Ehrfurcht vor Alexander Dubcek, dem Führer des "Prager Frühlings" 1968. Anlass war, dass auch die von Dubcek gegründete Sozialdemokratische Partei SDSS von seiner Smer geschluckt wurde.
Die Geste Ficos bewahrte ihn aber nicht vor dem Bannstrahl der Europäischen Sozialdemokraten, als er in seiner ersten Regierungszeit 2006 bis 2010 mit zwei rechtspopulistischen Parteien eine Koalition einging. Eine davon, die Slowakische Nationalpartei SNS, fiel immer wieder durch aggressive minderheitenfeindliche Äußerungen ihres Vorsitzenden Jan Slota auf. So einen Regierungspartner verziehen die europäischen Partner Fico nicht.
Ein Versprechen von Solidarität
Vor der Wahl 2012 schloss Fico gegenüber der DPA eine neuerliche Koalition mit den Nationalisten aus. "Außerdem wird die SNS wahrscheinlich sowieso nicht mehr ins Parlament kommen", prophezeite Fico - und behielt damit Recht. Jetzt ist ausgerechnet die ungarisch-slowakische Versöhnungspartei Most-Hid (Brücke) neben den konservativen Christdemokraten KDH von Ex-EU-Kommissar Jan Figel einer der beiden bevorzugten Parteien, die Fico als Juniorpartner in seine künftige Regierung locken will.
"Die EU hat uns viel mehr gegeben, als sie von uns bekommen hat. Sie verdient jetzt zumindest eine Regierung, die wieder solidarisch ist und an Europa und die EU glaubt", sagte Fico in der Wahlnacht, als sich sein Wahlsieg abzuzeichnen begann. Er geht damit deutlich auf Distanz zu der Mitte-Rechts-Vorgängerregierung. Diese Regierung war im Streit über den Euro-Rettungsschirm EFSF zerbrochen.
Erst mit den Stimmen von Ficos Smer-Sozialdemokratie erreichte der Euro-Rettungsschirm im Parlament doch noch eine Ja-Mehrheit. Sonst wäre er für die gesamte Eurozone blockiert gewesen, weil Einstimmigkeit aller Euroländer notwendig war.
Korruptionsskandal setzt Gegner schachmatt
Paradoxerweise spielte das Thema Euro im Wahlkampf gar keine nennenswerte Rolle mehr. Die Wähler waren nur noch empört über den Korruptionsskandal, der fast alle Parteien und vor allem die christlich-liberale Regierungspartei SDKU erfasste. "Aufklären, verurteilen und einsperren!", skandierten seit Januar Tausende Slowaken bei allwöchentlichen Demonstrationen. Ihre Proteste dürften wesentlich zur Niederlage der Bürgerlichen beigetragen haben.
Während der nach allen Umfragen beliebteste Politiker Fico wohl in Kürze wieder die Macht in der Slowakei übernehmen wird, verlässt der zweite bisherige Wählerliebling die politische Bühne vielleicht für immer: Die scheidende Premierministerin Iveta Radicova hatte sich aktiv an der Aufdeckung des Korruptionsskandals beteiligt. Zur Wahl kandidierte sie nicht mehr. Nun will sie aus der Partei austreten und die Politik verlassen. Auch eine Petition von Anhängern unter dem Namen "Iveta geh nicht weg!" dürfte daran wohl nichts mehr ändern.