Spitzelaffäre US-Politiker versteht Ärger der Deutschen

Chris Murphy will neues Vertrauen zwischen Amerika und Europa. Doch anzubieten hat der US-Senator nichts. Nun stört ihn auch noch das Pentagon, das laut "SZ" Waffenforschung in Deutschland finanziert.

Der US-Senator Chris Murphy ist auf friedlicher Mission in Berlin und Brüssel, er wirbt für neues Vertrauen zwischen den USA und der EU. Nicht, dass der demokratische US-Abgeordnete den Europäern Handfestes an Aufklärung in der Spähaffäre anbieten könnte. Murphy setzt auf beschwichtigende Worte und will den Austausch zwischen den Parlamenten stärken.

Er könne den Ärger der Deutschen und der Europäer über die Aktivitäten des US-Geheimdienstes NSA verstehen, sagte Murphy bei einem Treffen mit dem Thomas Oppermann, Vorsitzender des Parlamentarischen Kontrollgremiums für die deutschen Geheimdienste. Dem US-Parlament sei das Ausmaß der NSA-Spionage ebenfalls nicht bekannt gewesen, beteuerte er.

Die US-Abgeordneten hätten beispielsweise nichts davon gewusst, dass Regierungschefs abgehört werden. Der Unmut sei auch in den USA groß und die parlamentarische Kontrolle müsse deshalb überarbeitet werden - im gemeinsamen Interesse der USA und der EU.

Gemeinsame Forderung nach Schranken

Dem stimmte Oppermann zu: "Wir waren uns einig, dass der völlig ausgeuferten Abhörpraxis der NSA endlich Schranken gesetzt werden müssen," sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer im Anschluss an das Treffen.

Trotz aller Einigkeit übte Oppermann auch Kritik: "Ich habe deutlich gemacht: Für uns ist die NSA-Affäre nicht beendet. Wir erwarten weitere Aufklärung.“ Und machte damit deutlich, dass beschwichtigende Worte oder die Betonung gemeinsamer Interessen nicht ausreichen, um den tiefen Vertrauensbruch zu heilen.

Pentagon unterstützt deutsche Waffenforscher

Murphys ohnehin heikle Mission wird zudem torpediert von einer Meldung der "Süddeutschen Zeitung". Demnach finanziert das US-Verteidigungsministerium Waffenforschung an deutschen Universitäten. Die Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München habe im vergangenen Jahr mehr als 470.000 Dollar vom Pentagon erhalten, um militärische Sprengstoffe zu verbessern.

Die Fraunhofer-Gesellschaft forsche nach Angaben der Zeitung im Auftrag der Amerikaner an Panzerglas und Sprengköpfen und die Universität Marburg an Orientierungssystemen für Drohnen und an "zielgelenkter Munition".

Murphy, der im Kongress für die Reform der Geheimdienstaktivitäten zuständig ist, wollte sich zusammen mit dem Abgeordneten Gregory Meeks zu politischen Gesprächen in Berlin noch mit Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) treffen. In Brüssel reist er nach Brüssel, um den drei führenden EU-Kommissarinnen Cecilia Malmström (Inneres), Viviane Reding (Justiz) und Neelie Kroes (Digitale Agenda) im kleinen Kreis zu sprechen.

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Birgit Haas/DPA