Spitzentreffen Taiwan mahnt China zu Reformen an

Historischer Gipfel in Peking. Erstmals seit 60 Jahren sind Spitzenpolitiker aus China und Taiwan zusammengetroffen. Der taiwanische Oppositionsführer Lien Chan ließ es sich nicht nehmen, die chinesische Führung live in Fernsehen zu kritisieren.

Erstmals seit 60 Jahren sind die Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Chinas und ihres früheren Bürgerkriegsgegners, der nationalchinesischen Kuomintang, zusammengetroffen. Staats- und Parteichef Hu Jintao empfing den taiwanesischen Oppositionsführer Lien Chan am Freitag in der Großen Halle des Volkes in Peking.

In seiner Rede, die live im Fernsehen übertragen wurde, hatte Oppositionsführer Lien Chan zuvor China zu politischen Reformen aufgefordert. Bei seinem historischen Besuch in der Volksrepublik sagte der Vorsitzende der nationalchinesischen Kuomintang-Partei in einer Rede an der Peking Universität: "Die Geschwindigkeit und das Ausmaß politischer Reform auf dem Festland lässt weiter beträchtlichen Raum für Verbesserungen."

Fokus: Aussöhnung und Kooperation

Lien Chan rief zur Aussöhnung und Kooperation zwischen beiden Seiten auf, warnte aber vor einer Veränderung des Status quo mit Taiwan. Den gegenwärtigen Zustand zu wahren, solle nicht auf passive Weise geschehen. Einerseits könne der Status quo einen Konflikt vermeiden, zum anderen könnten Gemeinsamkeiten gesucht und guter Wille geschaffen werden, sagte Lien Chan. Es sei der gemeinsame Wunsch auf beiden Seiten, Aussöhnung und eine Zukunft zum beiderseitigen Gewinn zu erreichen.

China beharrt dagegen auf dem harten Kurs der kommunistischen Regierung gegen Taiwans Präsidenten Chen Shui-bian. Im Gespräch mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse in Peking nannte der Außenminister als Grund für die Verabschiedung des umstrittenen Anti-Abspaltungsgesetzes im März die "separatistischen Strömungen" unter taiwanesischen Führern und nannte ausdrücklich Präsident Chen Shui-bian. Deswegen müsse die kommunistische Führung "entschieden auftreten", sagte Li Zhaoxing nach Angaben informierter Kreise.

Das Anti-Abspaltungsgesetz ermächtigt zu einem Militärschlag, falls sich die nur als abtrünnige Provinz betrachtete demokratische Inselrepublik von China abspalten oder die Bemühungen um eine Wiedervereinigung erschöpft sein sollten. Entgegen der Unabhängigkeitsbestrebungen auf Taiwan dokumentiert der historische Besuch des taiwanesischen Oppositionsführers von der nationalchinesischen Kuomintang, Lien Chan, nach den Worten des Außenminister vielmehr den "Einheitswillen auf Taiwan".

Hart, aber friedlich

Trotz des entschiedenen Auftretens gegenüber Taiwan wolle Peking aber am friedlichen Weg festhalten, beteuerte Li Zhaoxing nach diesen Angaben. Thierse hatte zuvor auf die Besorgnisse in Europa über die Kriegsdrohungen in dem Taiwangesetz hingewiesen, die neben der Menschenrechtsproblematik in China zu den wichtigsten Themen in der Diskussion über eine Aufhebung des europäischen Waffenembargos gehörten. Chinas Außenminister unterstellte, dass vor allem der amerikanische und japanische Druck ein Ende des Embargos verhindere und die Menschenrechte nur vorgeschoben seien, was Thierse entschieden zurückgewiesen habe, wie informierte Kreise berichteten. Thierse beendet seine einwöchige China-Reise am Samstag mit einem Höflichkeitsbesuch bei Präsident Hu Jintao.

DPA
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