Ein halbes Jahr nach der umstrittenen iranischen Präsidentenwahl sind in Teheran neue Straßenschlachten zwischen Opposition und Sicherheitskräften ausgebrochen. Augenzeugen, Internet-Seiten der Opposition und staatliche Medien berichteten am Montag übereinstimmend von Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten in der Hauptstadt. Einigen Meldungen zufolge setzten die Beamten Tränengas ein und nahmen zahlreiche Menschen fest. Eine unabhängige Bestätigung war nicht möglich, da ausländische Journalisten ihre Büros nicht verlassen durften. Das Mobilfunknetz der Stadt war abgeschaltet und die Internet- Verbindungen waren eingeschränkt. Augenzeugen zufolge kam es auch in anderen Städten zu Protesten.
"Die Polizei setzt Schlagstöcke ein, um die Demonstranten zu zerstreuen", sagte ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur Reuters in Teheran. "Die Leute skandieren Parolen gegen die Regierung." Die Zusammenstöße ereigneten sich demnach auf dem Ferdowsi-Platz. Auf dem Wali-Je-Asr-Platz werde Tränengas eingesetzt, sagte ein anderer Zeuge. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna meldete Straßenschlachten zwischen Krawallmachern und der Polizei in der Umgebung der Teheraner Universität. Die reformorientierte Website Amikabir berichtete, die Sicherheitskräfte hinderten dort die Studenten daran, zu ihren Kommilitonen an anderen Hochschulen zu gelangen.
Die Demonstrationen fanden zum sogenannten Studententag statt, an dem im Iran des Todes dreier Studenten im Jahr 1953 unter der Herrschaft des Schahs gedacht wird. Die Regierung und die konservativen Revolutionsgarden hatten die Opposition und die zum großen Teil mit ihnen verbündeten Studenten davor gewarnt, den Feiertag für Proteste zu nutzen. Allerdings hatte Oppositionsführer Mirhossein Mussawi seine Anhänger am Sonntag dazu aufgerufen, auf die Straße zu gehen.
Nach der Präsidentenwahl am 12. Juni war Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad trotz Vorwürfen der Wahlfälschung zum Sieger erklärt worden. Der Streit um den Wahlausgang hatte Gräben in der Führung des Landes aufgedeckt. Die anschließenden Straßenschlachten markierten die schlimmste Gewalt in dem islamischen Gottesstaat seit der Revolution vor 30 Jahren. Angaben über die Zahl der Toten schwanken zwischen mehr als 70 und etwa halb so viele. Tausende Menschen wurden festgenommen, fünf von ihnen zum Tode verurteilt.