Die US-Regierung hat im Fall des in den USA angeklagten Terrorverdächtigen Zacarias Moussaoui wieder eine Entscheidung des Gerichts missachtet. Das Justizministerium weigerte sich am Mittwoch zum zweiten Mal, wie von Bundesrichterin Leonie Brinkema angeordnet, eine Befragung von gefangen genommenen führenden El-Kaida-Mitgliedern durch Moussaoui zuzulassen. Dieser hofft nach eigenen Angaben, dass diese ihn entlasten können. Die Missachtung des Gerichts könnte weit reichende Folgen für den Prozess haben.
Eine Befragung der Gefangenen würde "unnötiger Weise die nationale Sicherheit gefährden". Die USA befänden sich "zur Zeit im Krieg mit einem Feind, der schon tausende unserer Bürger ermordet hat", erklärte die Regierung. Sie könne sich deshalb nicht an die Entscheidung des Gerichts halten. Die Anklage hatte schon Berufung gegen die Zulassung der Vernehmung der El-Kaida-Häftlinge eingelegt. Sie bat die Richterin, vor weiteren Schritten die Entscheidung in der Berufung abzuwarten.
Richterin könnte den Prozess kippen
Brinkema hat einige Möglichkeiten, um auf die Missachtung des Gerichts zu reagieren: Sie könne Beweise oder die Todesstrafe ausschließen und auch alle Anklagen im einzigen US-Prozess im Zusammenhang mit den Anschlägen vom 11. September abweisen. Moussaoui, ein Franzose marokkanischer Abstammung, wird Verschwörung mit den 19 Selbstmordattentätern vom 11. September 2001 vorgeworfen. Er bestreitet jede Verwicklung in die Anschläge. Moussaoui zufolge können die Männer, die er befragen wollte, bestätigen, dass er nichts mit den Anschlägen zu tun und auch keine Beziehungen zu den Attentätern hatte.
Brinkema hatte im Januar und im August entschieden, dass Moussaoui ein Recht darauf hat, Aussagen zu seiner Entlastung einzuholen. Er sollte die Männer, die an unbekannten Orten festgehalten werden, über eine Satellitenverbindung befragen dürfen. Moussaoui wollte Khalid Shaikh Mohammed, den mutmaßlichen Organisator der Anschläge vom 11. September, und auch Mustafa Ahmed el Hawsawi vernehmen, der Geld für die Anschläge beschaffte.
Auch die beständige Kritik an den Haftbedingungen der nach dem 11. September 2001 eingesammelten Terror-Verdächtigen nimmt die USA auf die leichte Schulter. Donald Rumsfeld ist sich sicher, dass die Behandlung der Gefangenen "ordentlich und human" sei. Immerhin handele es sich bei ihnen um die "die Schlechtesten der Schlechtesten." Für den US-Verteidigungsminister sind die Gefangenenlager im rechtlichen Niemandsland eine dauerhafte Waffe im Krieg gegen den Terrorismus.