Truppen-Vormarsch Auch Mosul ist gefallen

Der Widerstand regulärer irakischer Truppen ist nach CNN-Meldungen fast völlig erlahmt. Sie gaben mit der Kurdenhochburg Mosul auch die drittgrößte Stadt des Landes nahezu kampflos auf. Unterdes gehen die Diskussionen um die Nachkriegsordnung des Landes weiter.

Die Besetzung des Iraks durch alliierte Truppen kommt immer schneller voran. Der Widerstand regulärer irakischer Truppen ist nach Meldungen des US-TV-Senders CNN fast völlig erlahmt. Sie gaben mit der Kurdenhochburg Mosul auch die drittgrößte Stadt des Landes nahezu kampflos auf. Damit war nur noch der Geburtsort Tikrit des entmachteten irakischen Präsidenten Saddam Hussein als letzte größere Stadt unter der Kontrolle seiner Anhänger. Inzwischen treten die Bemühungen um eine Nachkriegsordnung immer stärker in den Vordergrund.

CNN: Ein gesamtes Korps der irakischen Armee kapitulierte

Wie CNN unter Berufung auf das US-Zentralkommando in Katar meldete, kapitulierte in und um Mosul das gesamte 5. Korps der irakischen Armee und zog ohne seine Waffen ab. In der Stadt brach Anarchie aus, da stundenlang auch keine kurdischen und amerikanischen Soldaten zu sehen waren. CNN zeigte Bilder von jubelnden Menschen im Zentrum Mosuls. Eine Reporterin des Senders berichtete von umfangreichen Plünderungen im Präsidentenpalast, Verwaltungsgebäuden, Banken und sogar Krankenhäusern sowie von Bränden. Einwohner beschwerten sich über das Fehlen jeglicher Ordnungsmacht.

Tikrit im Visier

Nach der Einnahme aller großen irakischen Städte haben US-Truppen nach Berichten des britischen Sky-News-TV jetzt Tikrit, die Heimatstadt Saddam Husseins im Nordirak, ins Visier genommen. Die 100.000 Einwohner zählende Stadt und ihre Umgebung würden bombardiert. Dort wird von Militärexperten noch der letzte größere Widerstand gegen die Invasionstruppen erwartet.

Saddams Halbbruder unter Beschuss

Die amerikanische Luftwaffe warf nach US-Militärangaben sechs Präzisionsbomben auf die Residenz eines Halbbruders von Saddam Hussein im Zentral-Irak in Ar Ramadi, rund 80 Kilometer westlich von Bagdad. Barsan Ibrahim el Tikriti soll als früherer Geheimdienstchef für den Mord an mehreren tausend Menschen verantwortlich sein. Wo sich der entmachtete Präsident versteckt hält, ist weiter rätselhaft.

Liste mit gesuchten Irakern veröffentlicht

Das US-Oberkommando veröffentlichte eine Liste mit 55 irakischen Führungspersonen, unter ihnen Saddam, derer man "tot oder lebendig" habhaft werden wolle. Viele von ihnen versuchten, aus dem Irak zu fliehen, sagte ein Sprecher. Irakische Stammesführer glauben inzwischen, dass bei dem US-Luftangriff im Bagdader Stadtteil El Mansur Anfang der Woche zahlreiche Angehörige der irakischen Führungsriege ums Leben gekommen sind.

Kurden werden angeblich ihre Positionen an US-Soldaten übergeben

Nach Angaben des türkischen Außenministers Abdullah Gül wollen kurdische Kämpfer die von ihnen eingenommene Kirkuk in Kürze wieder verlassen und ihre Positionen US-Soldaten überlassen. Die Türkei hatte die kurdische Besetzung von Kirkuk heftig kritisiert. Laut CNN waren alliierte Truppen dabei, die Ölfelder von Kirkuk zu sichern. Dort hätten abziehende irakische Truppen Ölquellen in Brand gesetzt.

CNN zeigte unterdessen Bilder von tausenden irakischen Soldaten, die ohne Waffen aus dem Norden zu Fuß in Richtung Bagdad unterwegs waren. Nach dem Fall von Bagdad und der Flucht ihrer Kommandeure hätten sich die Soldaten entschlossen, "nach Hause" zu gehen.

Tote nach fehlgeschlagener Raketensprengung

In der Hauptstadt stießen die alliierten Kräfte am Freitag erneut vereinzelt auf Widerstand. Bei einem mutmaßlichen Selbstmordangriff auf einen Kontrollpunkt waren am Abend zuvor mindestens vier US-Soldaten verletzt worden. Bei der fehlgeschlagenen Zerstörung einer von irakischen Truppen zurückgelassenen Rakete durch US-Soldaten sollen laut El Dschasira zahlreiche Iraker und zwei amerikanische Marineinfanteristen getötet worden sein.

US-Soldaten beschießen Zivilfahrzeug

An einem Straßenkontrollpunkt in der zentralirakischen Stadt Nasarija beschossen US-Soldaten nach Meldungen des britischen Senders BBC ein Zivilfahrzeug und töteten dabei zwei Kinder. Neun Menschen seien verletzt worden. Der Zwischenfall wurde von einem US-Sprecher bestätigt. Die Soldaten hätten an einen Selbstmordangriff geglaubt, weil der Autofahrer nicht angehalten habe.

Drei-Stufen-Plan von Wolfowitz

Unterdessen treten die internationalen Bemühungen um eine Nachkriegsordnung für den Irak immer mehr in den Vordergrund. US- Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz stellte dazu vor einem Ausschuss des US-Senats einen Drei-Stufen-Plan vor. Das amerikanische Amt für Wiederaufbau und humanitäre Hilfe soll in einer ersten Phase die Verteilung humanitärer Güter und die Wiederherstellung der Grundversorgung koordinieren.

Sobald die Wasser-, Strom- und Gesundheitsversorgung wieder hergestellt ist, soll die Führung des Landes von einer irakischen Übergangsbehörde übernommen werden, in der die verschiedenen religiösen und ethnischen Gruppen vertreten sein sollen. In einer dritten Phase soll dann auf Basis einer neuen Verfassung eine irakische Regierung gewählt werden. US-Finanzminister John Snow will den Wiederaufbau und die Schuldensituation des Landes zum zentralen Thema des G-7-Treffens an diesem Samstag in Washington machen.

Schröder und Putin beraten über Nachkriegsordnung

Bundeskanzler Gerhard Schröder und die Präsidenten Russlands und Frankreichs wollten in St. Petersburg über die Nachkriegsordnung im Irak beraten. Sie fordern eine führende Rolle für die Vereinten Nationen beim Wiederaufbau. US-Außenminister Colin Powell sprach sich für eine "aktive Rolle" Europas bei der Friedenssicherung und humanitären Hilfe im Irak aus.