Angesichts der eskalierenden Gewalt rüstet die Bundeswehr im nordafghanischen Kundus auf: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) kündigte am Mittwoch bei einem Truppenbesuch im deutschen Feldlager im nordafghanischen Masar-i-Scharif an, "so schnell wie möglich" zwei Panzerhaubitzen 2000 nach Kundus zu verlegen. Außerdem sollen der Truppe dort TOW-Panzerabwehrraketen sowie zusätzliche Schützenpanzer vom Typ Marder zur Verfügung gestellt werden. "Das sind Grundvoraussetzungen, die geschaffen werden, um dem Auftrag dort auch gerecht zu werden". Neben größeren Maßnahmen wie der Verlegung der Panzerhaubitzen würden auch "viele kleine Punkte" zügig umgesetzt, sagte Guttenberg. Einzelheiten nannte er nicht.
Informationen "vor Ort und aus erster Hand"
Der Besuch des Verteidigungsministers soll den deutschen Soldaten den Rücken stärken. "Mir ist wichtig, den Soldatinnen und Soldaten vor Ort zum einen deutlich zu machen, dass die politische Spitze hinter ihnen steht", betonte er. Außerdem sei es ihm wichtig, sich "vor Ort und aus erster Hand" über den Afghanistan-Einsatz informieren zu können. Zum anderen gehe es darum, der deutschen Öffentlichkeit klar zu machen, was der Einsatz in Afghanistan bedeute. Wichtig sei, "dass man den Soldaten vor Ort nicht vergisst, sondern dass man ihm Unterstützung gibt".
Der Besuch von Guttenberg in Afghanistan war nach Angaben des Ministeriums bereits länger und unabhängig von den aktuellen Ereignissen geplant gewesen. Am Karfreitag waren drei Fallschirmjäger bei den bislang schwersten Gefechten der Bundeswehr in der afghanischen Region Kundus getötet worden. Acht weitere wurden teils schwer verletzt. Während seines Besuchs in Kundus enthüllte Guttenberg am Ehrenhain im Feldlager in Kundus die Tafeln mit den Namen der drei Toten. Er bedankte sich bei den Soldaten für ihren Einsatz. "Wir sind auf Ihre Kraft und auf Ihre Stärke hier angewiesen", sagte der Minister. Später betonte er: "Ich stelle fest, dass wir hier eine wirklich tolle Truppe haben." Die Soldaten seien motiviert, wüssten aber um die Gefahren.
Kein neues Mandat für den Afghanistan-Einsatz
Unterdessen wies die Bundesregierung die Forderung aus der SPD nach einem neuen Mandat für den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr zurück. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte gegenüber einer Zeitung gesagt, wenn die Bundesregierung den Einsatz für einen "Krieg" halte, müsse sie ein neues Mandat beantragen. "Das Mandat ist auf die Realitäten entsprechend ausgerichtet", sagte Guttenberg. Er hatte nach den Gefechten vom Karfreitag von einem Krieg gesprochen. In der Bevölkerung sank die Akzeptanz des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan: Knapp zwei Wochen nach den schweren Gefechten in Kundus stieg einer Forsa-Umfrage für den "stern" zufolge die Zahl der Deutschen, die sich einen Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan wünschen, auf 62 Prozent. Es sei der höchste Wert, den das Institut bei dieser Frage bislang gemessen habe.
Nato-Oberbefehlshaber in Berlin
Am Montag wird Nato-Oberbefehlshaber Stanley McChrystal zu Gesprächen mit der Bundesregierung in Berlin erwartet. Der US-General trifft sowohl Guttenberg als auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Es gehe um einen "Austausch über die aktuelle Lage" sagt ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums.