Plötzlich ist Krieg: Seit Tagen hört Vadim von seiner Kiewer Wohnung aus explodierende Bomben und Schüsse. Er ist verzweifelt – und gleichzeitig fest entschlossen, "seine Ukraine" zu verteidigen. Im stern-Interview schildert er die dramatische Lage und erzählt, wie er und seine Freunde mit der Angst leben.
Krieg in der Ukraine Augenzeuge schildert dramatische Lage in Kiew: "Ich höre hier Bomben und Schüsse"

Ukraine-Krieg: Augenzeuge berichtet aus Kiew von Kämpfen mit Armee Russlands
Sehen Sie im Video: "In unserer Stadt bewegen sich Feinde" – Bewohner schildert dramatische Lage in Kiew.
Als Erstes möchte ich dir zeigen, wie ich der Gefahr umgehe. Das ist mit mein kleiner Hund Toby. Er war ein sehr guter Junge. Er gibt mir positive Gefühle.
Wenn du willst, schicke ich dir ein Video, was ich von einer Bombardierung gemacht habe – aufgenommen aus meinem Fenster. Nicht heute, aber gestern oder vorgestern habe ich hinter diesen Gebäuden Explosionen und Rauch gesehen. Und ich habe Schüsse aus der Richtung gehört. Das ist ungefähr die Richtung zu Hostomel, wo der umkämpfte Flughafen ist.
Die Leute sagen, ich muss runter bei Alarm. Aber ich will meine Wohnung nicht verlassen. Ich will mich nicht verstecken. Ich bleibe lieber in der Wohnung, weil ich mich hier sicherer fühle. Sicherer als Kiew zu verlassen oder mich im Keller zu verstecken. Viele Menschen verstecken sich. Sie verstecken sich, weil sie große Angst haben.
Eine Sache will ich dir noch zeigen. Genau hier. Das ist der Flur. Ich habe hier eine kleine Isomatte. Und ich verstecke mich hinter dieser Wand. Hier gibt es keine Fenster. Ich verstecke mich also hie rund gehe von den Fenstern weg.
Wie ist die Situation aktuell in Kiew? Wie nimmst du das wahr?
Die Situation ist sehr schwierig. Zum Glück haben wir noch Verbindung zum Internet. So können wir die Nachrichten sehen und checken, was los ist. Ich bin hier im 11. Stock in einem hohen Haus und höre hier durch das Fenster viele Geräusche von draußen – und sehe auch Explosionen in diese Richtung da. Dort sind die Städte Butscha und Hostomel, wo die ganzen Kämpfe gerade stattfinden. Nicht alle, aber viele. Wir hören das die ganze Zeit.
Du hörst Schüsse, du hörst Bomben – so nah dran, da wo du lebst. Wie fühlt sich das an? Wie muss man sich das vorstellen?
Ich wünsche niemanden, das erleben zu müssen. Gleichzeitig ... gleichzeitig ... Ich hätte nicht gedacht, dass es gerade so hart ist, darüber zu sprechen. Du machst dir Sorgen um deine Freunde, deine Verwandten. Was würde passieren bei Schusswechseln? Wird jemand von ihnen versehentlich getroffen und stirbt? So wie es ja schon vielfach passiert ist. Das macht mir viel Angst. Ich wünsche niemanden, diese Dinge erleben zu müssen.
Wie geht es dir persönlich? Was für Gefühle, Emotionen hast du? Wie gehst du mit diesem Krieg in deinem Land um?
Wenn wir über meine persönliche Erfahrung sprechen. Nun, zuallererst müssen wir uns emotional um unsere Freunde und Verwandten kümmern, weil die auch sehr viel Angst haben und nicht wissen, was passieren wird. Das ist mir sehr wichtig. Aber wir glauben fest an unsere Truppen, an unsere ukrainische Armee. Es tut mir leid, die Emotionen sind zu stark. Wir glauben an sie, weil wir in unserem eigenen Land sind. Das alles ist eingeleitet von einer Nation, die direkt neben uns liegt. Für mich sind das Verräter und Mörder.
Kannst du einmal die Situation in Kiew, dieser Millionenstadt beschreiben? Sind da Leute auf den Straßen? Kann man in Supermärkte gehen? Wie kommt man an Essen? Und wie bekommt ihr auch Informationen?
Natürlich hat sich das gerade dramatisch verändert. Dramatisch, weil man nur noch tagsüber die Wohnung verlassen darf – ab acht Uhr morgens bis acht Uhr abends. Während der Nacht musst du in deinem Zuhause sein. Viele Lebensmittelgeschäfte sind geschlossen. Bei denen, die offen sind, bilden sich lange Schlangen. Aber noch bekommt man Essen. Also hier ist noch in Ordnung und noch nicht so schlimm. Aber es ist natürlich alles anders als vorher. Überall extrem lange Schlangen, um das Benzin an den Tankstellen zu holen. Viele Tankstellen haben gar kein Benzin oder Diesel mehr. Ich würde sagen die meisten haben keins. Es sind sechs Tage vergangen, es waren sehr harte sechs Tage. Aber unsere Leute, meine Freunde, versammeln sich, um unserer Armee zu helfen. Auch der lokalen Verteidigung hier. Sie haben Barrikaden in der ganzen Stadt errichtet, weil sich Feinde in unserer Stadt bewegen und in unseren Straßen kämpfen und schießen. Deshalb wurden Barrikaden und Molotowcocktails vorbereitet. Wir bereiten uns darauf vor, zu kämpfen, sobald Panzer oder was auch immer in die Stadt eindringen. Es gab hier ja schon Gefechte in Kiew.
Breitest du dich selbst auch vor auf Widerstand? Willst du auch kämpfen?
Um ehrlich zu sein: Ich war nicht vorbereitet. Aber ich spiele mit dem Gedanken, mich der lokalen Verteidigung anzuschließen. Es gab hier allerdings Schlangen, um an Waffen und Munition zu kommen. Damit du für dein Land, deine Stadt, dein Volk kämpfen kannst.
Wie kommst du an Informationen von der Regierung, von Selenskyi selbst? Und wie bewertest du seine Rolle in diesem Krieg?
Gott sei Dank funktioniert das Internet und wir können weiterhin die Nachrichten gucken. Ich bin ehrlich. Ich habe Selenskyi nicht gewählt. Aber er macht es einfach großartig, er macht einen starken Job. Jetzt unterstütze ich ihn – so wie die meisten meiner Landsleute
Was kannst du mir über deine Familie, deine Freunde sagen? Sind Leute vom Krieg schon so betroffen, dass sie verletzt oder sogar getötet wurden?
Gott sei Dank. Meinem engsten Umfeld geht es okay. Es geht allen gut. Alle leben. Aber mein Vater und meine Schwester haben heute Kiew verlassen. Sie gehen in die Westukraine. Meine Schwester ist fünf Jahre alt. Es ist hier zu gefährlich für sie. Sie aben einen Zug bekommen. Der war überfüllt, es gab lange Schlangen. Doch sie haben es geschafft und sind auf dem Weg nach Lwiw. Meine Mutter wohnt sehr nahe bei mir, nur ein paar Gebäude entfernt und ich mache mir Sorgen um sie. Da wir aber nicht weit entfernt sind, können wir kommunizieren und uns gegenseitig helfen. Auch mit meinen Freunden habe ich viel Kontakt. Viele bleiben in Kiew oder in Vororten von Kiew. Niemand wurde bislang verletzt. Aber in den Vororten von Kiew haben viele Gefechte stattgefunden diese Woche. Unser Morgen beginnt also damit, uns gegenseitig eine SMS zu schreiben und anzurufen, um zu sehen, ob es allen gut geht. Dann können wir in den Tag starten.
Was sind deine Hoffnungen, deine Wünsche für die Ukraine jetzt in diesen dunklen Stunden? Und was erwartest du auch von Europa, von anderen Staaten?
Mein erster Wunsch ist, dass die Nato eine Flugverbotszone errichtet – damit sie mit den Bombardierungen aufhören. Wir brauchen die Nato, um den Himmel zu kontrollieren. Und wir brauchen mehr Munition. Danke an alle Länder wie europäische Länder, USA, Kanada, Australien, dass sie uns Munition senden. Aber hört nicht auf. Und ich persönlich hoffe sehr, dass Belarus nicht Russland bei seinem Akt der Gewalt gegen die Ukraine unterstützt. Das fühlt sich an wie ein Verrat von denen. Aber ich hoffe wirklich, dass sie aufhören werden. Falls nicht, wird unsere Armee sie besiegen und vernichten. Und wenn wir über Russland sprechen: Ich hoffe es verschwindet.
Als Erstes möchte ich dir zeigen, wie ich der Gefahr umgehe. Das ist mit mein kleiner Hund Toby. Er war ein sehr guter Junge. Er gibt mir positive Gefühle.
Wenn du willst, schicke ich dir ein Video, was ich von einer Bombardierung gemacht habe – aufgenommen aus meinem Fenster. Nicht heute, aber gestern oder vorgestern habe ich hinter diesen Gebäuden Explosionen und Rauch gesehen. Und ich habe Schüsse aus der Richtung gehört. Das ist ungefähr die Richtung zu Hostomel, wo der umkämpfte Flughafen ist.
Die Leute sagen, ich muss runter bei Alarm. Aber ich will meine Wohnung nicht verlassen. Ich will mich nicht verstecken. Ich bleibe lieber in der Wohnung, weil ich mich hier sicherer fühle. Sicherer als Kiew zu verlassen oder mich im Keller zu verstecken. Viele Menschen verstecken sich. Sie verstecken sich, weil sie große Angst haben.
Eine Sache will ich dir noch zeigen. Genau hier. Das ist der Flur. Ich habe hier eine kleine Isomatte. Und ich verstecke mich hinter dieser Wand. Hier gibt es keine Fenster. Ich verstecke mich also hie rund gehe von den Fenstern weg.
Wie ist die Situation aktuell in Kiew? Wie nimmst du das wahr?
Die Situation ist sehr schwierig. Zum Glück haben wir noch Verbindung zum Internet. So können wir die Nachrichten sehen und checken, was los ist. Ich bin hier im 11. Stock in einem hohen Haus und höre hier durch das Fenster viele Geräusche von draußen – und sehe auch Explosionen in diese Richtung da. Dort sind die Städte Butscha und Hostomel, wo die ganzen Kämpfe gerade stattfinden. Nicht alle, aber viele. Wir hören das die ganze Zeit.
Du hörst Schüsse, du hörst Bomben – so nah dran, da wo du lebst. Wie fühlt sich das an? Wie muss man sich das vorstellen?
Ich wünsche niemanden, das erleben zu müssen. Gleichzeitig ... gleichzeitig ... Ich hätte nicht gedacht, dass es gerade so hart ist, darüber zu sprechen. Du machst dir Sorgen um deine Freunde, deine Verwandten. Was würde passieren bei Schusswechseln? Wird jemand von ihnen versehentlich getroffen und stirbt? So wie es ja schon vielfach passiert ist. Das macht mir viel Angst. Ich wünsche niemanden, diese Dinge erleben zu müssen.
Wie geht es dir persönlich? Was für Gefühle, Emotionen hast du? Wie gehst du mit diesem Krieg in deinem Land um?
Wenn wir über meine persönliche Erfahrung sprechen. Nun, zuallererst müssen wir uns emotional um unsere Freunde und Verwandten kümmern, weil die auch sehr viel Angst haben und nicht wissen, was passieren wird. Das ist mir sehr wichtig. Aber wir glauben fest an unsere Truppen, an unsere ukrainische Armee. Es tut mir leid, die Emotionen sind zu stark. Wir glauben an sie, weil wir in unserem eigenen Land sind. Das alles ist eingeleitet von einer Nation, die direkt neben uns liegt. Für mich sind das Verräter und Mörder.
Kannst du einmal die Situation in Kiew, dieser Millionenstadt beschreiben? Sind da Leute auf den Straßen? Kann man in Supermärkte gehen? Wie kommt man an Essen? Und wie bekommt ihr auch Informationen?
Natürlich hat sich das gerade dramatisch verändert. Dramatisch, weil man nur noch tagsüber die Wohnung verlassen darf – ab acht Uhr morgens bis acht Uhr abends. Während der Nacht musst du in deinem Zuhause sein. Viele Lebensmittelgeschäfte sind geschlossen. Bei denen, die offen sind, bilden sich lange Schlangen. Aber noch bekommt man Essen. Also hier ist noch in Ordnung und noch nicht so schlimm. Aber es ist natürlich alles anders als vorher. Überall extrem lange Schlangen, um das Benzin an den Tankstellen zu holen. Viele Tankstellen haben gar kein Benzin oder Diesel mehr. Ich würde sagen die meisten haben keins. Es sind sechs Tage vergangen, es waren sehr harte sechs Tage. Aber unsere Leute, meine Freunde, versammeln sich, um unserer Armee zu helfen. Auch der lokalen Verteidigung hier. Sie haben Barrikaden in der ganzen Stadt errichtet, weil sich Feinde in unserer Stadt bewegen und in unseren Straßen kämpfen und schießen. Deshalb wurden Barrikaden und Molotowcocktails vorbereitet. Wir bereiten uns darauf vor, zu kämpfen, sobald Panzer oder was auch immer in die Stadt eindringen. Es gab hier ja schon Gefechte in Kiew.
Breitest du dich selbst auch vor auf Widerstand? Willst du auch kämpfen?
Um ehrlich zu sein: Ich war nicht vorbereitet. Aber ich spiele mit dem Gedanken, mich der lokalen Verteidigung anzuschließen. Es gab hier allerdings Schlangen, um an Waffen und Munition zu kommen. Damit du für dein Land, deine Stadt, dein Volk kämpfen kannst.
Wie kommst du an Informationen von der Regierung, von Selenskyi selbst? Und wie bewertest du seine Rolle in diesem Krieg?
Gott sei Dank funktioniert das Internet und wir können weiterhin die Nachrichten gucken. Ich bin ehrlich. Ich habe Selenskyi nicht gewählt. Aber er macht es einfach großartig, er macht einen starken Job. Jetzt unterstütze ich ihn – so wie die meisten meiner Landsleute
Was kannst du mir über deine Familie, deine Freunde sagen? Sind Leute vom Krieg schon so betroffen, dass sie verletzt oder sogar getötet wurden?
Gott sei Dank. Meinem engsten Umfeld geht es okay. Es geht allen gut. Alle leben. Aber mein Vater und meine Schwester haben heute Kiew verlassen. Sie gehen in die Westukraine. Meine Schwester ist fünf Jahre alt. Es ist hier zu gefährlich für sie. Sie aben einen Zug bekommen. Der war überfüllt, es gab lange Schlangen. Doch sie haben es geschafft und sind auf dem Weg nach Lwiw. Meine Mutter wohnt sehr nahe bei mir, nur ein paar Gebäude entfernt und ich mache mir Sorgen um sie. Da wir aber nicht weit entfernt sind, können wir kommunizieren und uns gegenseitig helfen. Auch mit meinen Freunden habe ich viel Kontakt. Viele bleiben in Kiew oder in Vororten von Kiew. Niemand wurde bislang verletzt. Aber in den Vororten von Kiew haben viele Gefechte stattgefunden diese Woche. Unser Morgen beginnt also damit, uns gegenseitig eine SMS zu schreiben und anzurufen, um zu sehen, ob es allen gut geht. Dann können wir in den Tag starten.
Was sind deine Hoffnungen, deine Wünsche für die Ukraine jetzt in diesen dunklen Stunden? Und was erwartest du auch von Europa, von anderen Staaten?
Mein erster Wunsch ist, dass die Nato eine Flugverbotszone errichtet – damit sie mit den Bombardierungen aufhören. Wir brauchen die Nato, um den Himmel zu kontrollieren. Und wir brauchen mehr Munition. Danke an alle Länder wie europäische Länder, USA, Kanada, Australien, dass sie uns Munition senden. Aber hört nicht auf. Und ich persönlich hoffe sehr, dass Belarus nicht Russland bei seinem Akt der Gewalt gegen die Ukraine unterstützt. Das fühlt sich an wie ein Verrat von denen. Aber ich hoffe wirklich, dass sie aufhören werden. Falls nicht, wird unsere Armee sie besiegen und vernichten. Und wenn wir über Russland sprechen: Ich hoffe es verschwindet.