Die Machtbasis des russischen Präsidenten Wladimir Putin wird nach Einschätzung des Sicherheitsexperten Christian Mölling durch die zunehmenden ökonomischen Probleme seines Regimes bedroht. Mölling sagte am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage", die Sanktionen des Westens würden Wirkung zeigen. Es sei erkennbar, dass in Moskau das Geld knapp werde; die wirtschaftlichen Eliten klagten, dass es nicht gut laufe. "Die Probleme werden wachsen", erwartet der Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. "Es wird interessant, wo die Machtbasis für Putin bleibt, wenn er seine Entourage nicht mehr entlohnen kann."
Für Putin sei es entscheidend, dass sich die Unterstützung seiner Herrschaft weiter auszahle. Insgesamt sieht Mölling den russischen Präsidenten in einer schwierigen Lage. Er sagte: "Putin hat sich mit diesem Krieg eine politische Falle gebaut." Um da rauszukommen, brauche die russische Führung unter anderem viele neue Soldaten. "Ich bin ratlos, wie die das hinkriegen wollen." Er erinnerte daran, dass schon die Rekrutierungswelle im Herbst Widerstand ausgelöst habe. Wer jetzt in die russische Armee eintrete, dem stehe mit großer Wahrscheinlichkeit ein Leidensweg bevor. Bei mit Zwang rekrutierten Männern sei aber unklar, was die an der Front bewirken.
Bild von Russland wird verschwommener
Die Verhaftung eines US-Reporters wegen des Verdachts der Spionage wertete Mölling als Versuch, die Berichterstattung aus Russland noch weiter einzuschränken. "Das Bild wird immer verschwommener", beklagte er. Am Ende blieben nur noch Geheimdienstberichte, Exilanten und Chatkanäle als Informationsquellen. Irgendwann sei nicht mehr zu überprüfen, welche Informationen über die Lage in Russland zuträfen und welche nicht.
In der Ukraine selbst erwartet Mölling schon bald Klarheit darüber, ob es gelingt, die Russen zurückzudrängen. "Wir werden in den nächsten zwei, drei Wochen sehen, ob der ukrainische Plan aufgeht", sagte er. Ziel der Ukraine sei es, in verlustreichen Kämpfen wie in Bachmut die russischen Truppen zu schwächen, um sie dann mit neu herangeführten Soldaten und neuem Material anzugreifen.