Mit Todesurteilen, hohen Haftstrafen und neuen Festnahmen verschärft China in der nordwestlichen Unruheregion Xinjiang den Kampf gegen Extremisten. Mehrere Gerichte verurteilten neun Angeklagte unter anderem wegen Terrorismus zum Tode, wie Staatsmedien am Donnerstag berichteten. Drei weitere erhielten Todesurteile auf Bewährung, was meist in lebenslange Haft umgewandelt wird. In 23 Verfahren wurden Urteile gegen insgesamt 81 Angeklagte gefällt, darunter auch lebenslange Gefängnisstrafen, wie das Staatsfernsehen CCTV am Donnerstag berichtete.
Die Urteile seien wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Mordes, Brandstiftung oder anderer Verbrechen verhängt worden, berichtete der China News Service. Wie ferner das offizielle Portal "Xinjiang Wangxun" berichtete, wurden im Rahmen der jüngsten Antiterror-Kampagne weitere 29 Menschen in der muslimisch geprägten Region festgenommen. Ihnen werde unter anderem Aufruf zum Separatismus und Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen.
Unterdrückung muslimischer Minderheit
Im Mai waren in der Regionshauptstadt Ürümqi bei dem seit Jahren blutigsten Anschlag in Xinjiang 43 Menschen ums Leben gekommen. Die Regierung hatte danach ein hartes Durchgreifen gegen Terroristen und Separatisten angekündigt. Wegen Spannungen zwischen muslimischen Uiguren und Han-Chinesen gilt Xinjiang seit Jahren als Konfliktherd. Im Sommer 2009 hatte es bei Zwischenfällen zwischen beiden Volksgruppen mehr als 200 Tote gegeben.
Die Spannungen haben sich in den vergangenen zwei Jahren weiter verschärft, nicht selten eskaliert die Gewalt. Seit Anfang 2013 sind rund 300 Menschen bei Zwischenfällen zwischen Uiguren und chinesischen Sicherheitskräften ums Leben gekommen, wie Menschenrechtsgruppen mitteilten. Das muslimische Turkvolk in Xinjiang fühlt sich wirtschaftlich, politisch und kulturell von den herrschenden Chinesen unterdrückt. Nach ihrer Machtübernahme 1949 in Peking hatten sich die Kommunisten das frühere Ostturkestan einverleibt.
Zensur in sozialen Netzwerken
Die Minderheit sieht in den Massenfestnahmen und -Urteilen ein Verstärkung ihrer Unterdrückung. "Das Fehlen von Gerechtigkeit und rechtmäßigen Verfahren führt dazu, dass mehr Menschen aus politischen Gründen ihre Freiheit verlieren", erklärte der Exil-Weltkongress der Uiguren am Donnerstag. Auch Menschenrechtsgruppen zeigen sich angesichts der Prozesswelle besorgt. Sie bezweifeln, dass die Angeklagten faire Verfahren bekommen, weil in China häufig Geständnisse erzwungen werden.
Der Mittwoch war der 25. Jahrestag der blutigen Demokratieniederschlagung auf dem Pekinger Tiananmen. Während öffentliche Gedenkveranstaltungen in der Hauptstadt mit einem massiven Sicherheitsaufgebot erstickt worden waren, hatten sich in Hongkong bis zu 180.000 Menschen versammelt, um Rechenschaft von der Regierung für die mehr als hundert Toten zu verlangen.
Am Donnerstag waren im Internet alle Einträge blockiert, die auf die riesige nächtliche Mahnwache verwiesen. Wer in sozialen Netzwerken oder Websites auf entsprechende Links oder Einträge klickte, erhielt eine Fehlermeldung: "In Übereinstimmung mit entsprechenden Gesetzen, Regulierungen und Politiken" könne der Inhalt nicht angezeigt werden.