US-Haushaltsstreit Was der Notstand für die USA bedeutet

Stunde null in den USA: Erstmals seit 17 Jahren ist die öffentliche Verwaltung lahmgelegt. Der gesamte Staatsapparat läuft ab sofort im Notbetrieb. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Der Haushaltsstreit in den USA ist eskaliert: Weil sich Demokraten und Republikaner im Kongress nicht auf ein Übergangsbudget einigen konnten, sitzen große Teile der Bundesverwaltung ab Dienstag auf dem Trockenen. Der Finanzierungsstopp hat Auswirkungen auf die Wirtschaft und das alltägliche Leben in den Vereinigten Staaten.

Wie kam es zu dem Notstand?

Das Weiße Haus ordnete den Verwaltungsstillstand an, nachdem sich der tief zerstrittene Kongress in der Nacht zum Dienstag nicht auf einen neuen Übergangshaushalt hatte einigen können. Das Haushaltsjahr 2014 beginnt am 1. Oktober. Mit dem Etatentwurf sollte die Regierung zumindest vorläufig finanziell über Wasser gehalten werden. Der Streit war eskaliert, weil die Republikaner den drohenden Finanzierungsnotstand politisch nutzen wollten, um Barack Obamas umstrittene Gesundheitsreform zu blockieren. Sie versuchen, einen Übergangshaushalt an Maßnahmen zu koppeln, mit dem die Umsetzung der Reform um ein Jahr verzögert würde.

Kommt es erstmals zum "Shutdown"?

Nein. Zuletzt hatte es in den USA zwischen 1995 und Januar 1996 mehrmals keinen gültigen US-Staatshaushalt gegeben. Der Stillstand unter Präsident Bill Clinton dauerte insgesamt 26 Tage. Seit 1976 kam es laut einer Zählung der "Washington Post" insgesamt 17 Mal zum sogenannten "Shutdown". Dieser drohte auch in den vergangenen Jahren mehrfach, konnte aber immer noch rechtzeitig abgewendet werden.

Was bedeutet der Stillstand für Staatsbedienstete?

Die Bundesregierung beschäftigt gut 3,4 Millionen Beschäftigte, der Großteil von ihnen gilt als unabdingbar. Rund 800.000 Staatsbediensteten droht aber unbezahlter Zwangsurlaub, etwa Angestellten in Nationalparks und Museen oder Statistikern im Arbeitsministerium. Die Behörden für Umweltschutz, Arbeitssicherheit und Nahrungsmittelsicherheit werden ihre Kontrollen herunterfahren. Auch bei der Nasa sind tausende Angestellte betroffen. Im Weißen Haus und im Kongress müssen ebenfalls Mitarbeiter ohne Bezahlung daheim bleiben. Die Flugsicherheit, die Geheimdienste, die Bundesgefängnisse und der Grenzschutz arbeiten hingegen normal weiter. Die "unentbehrlichen" Staatsbediensteten bekommen ihre Gehälter aber vermutlich erst nach Ende des Haushaltsnotstands ausgezahlt.

Sind alle US-Bürger betroffen?

Die Menschen in den USA werden den Finanzierungsstopp bei alltäglichen Behördengängen merken. Rentenzahlungen sowie die staatlichen Gesundheitsprogramme für Ärmere und Alte, Medicaid und Medicare, sind dagegen nicht berührt. Die Behörden geben auch weiter Lebensmittelmarken an Bedürftige aus. Bei Neuanträgen auf staatliche Leistungen könnte es aber zu Verzögerungen kommen. Die Post wird dagegen weiter jeden Tag gebracht. Besonders betroffen sind darüber hinaus die Bürger der Hauptstadt Washington, die ein Bundesbezirk ist. Beim letzten Finanzkollaps Mitte der 1990er Jahre kamen hier auch öffentliche Dienstleistungen wie die Müllentsorgung komplett zum Erliegen. Bürgermeister Vincent Gray will die städtischen Dienste mit Rücklagen finanzieren, die laut "Washington Post" für etwa zwei Wochen reichen.

Wie wirkt sich der Stillstand auf die Wirtschaft aus?

Präsident Barack Obama warnte, dass die finanzielle Lähmung der Regierung "Sand ins Getriebe" der sich erholenden Wirtschaft streuen werde. Die Staatsangestellten im Zwangsurlaub könnten ihre Rechnungen nicht bezahlen und würden weniger ausgeben, sagte Obama. Dem Wirtschaftskreislauf dürfte außerdem Geld entzogen werden, weil kleinere Unternehmen und Hauskäufer auf staatliche Kreditgarantien warten müssen. "Ein Stillstand wird sofort sehr reale wirtschaftliche Auswirkungen auf echte Menschen haben", sagte Obama. Experten gehen davon aus, dass ein zweiwöchiger "government shutdown" das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal um 0,3 Prozentpunkte senken würde. Der Ökonom Stephen Fuller von der George Mason University sagte der "Washington Post", dass ein Haushaltsnotstand alleine den Großraum Washington täglich 200 Millionen Dollar kosten könnte.

Wie reagieren die Märkte?

An den Börsen hielt sich die Reaktion in Grenzen. Auch der Dollar bewegte sich kaum. Nachdem die Aktienmärkte zuletzt wegen des Konflikts erheblich unter Druck standen, hatten sich Händler und Investoren offenbar darauf eingestellt, dass es diesmal nicht mehr zu einer Einigung vor Ende der Frist kommen würde. Erheblich zuspitzen wird sich die Lage jedoch, wenn der Streit um den Haushalt sich noch Wochen hinziehen sollte und auf die Debatte zur Erhöhung der Schuldenobergrenze überschwappt.

Sind auch Ausländer betroffen?

Ja. Vor allem Touristen, die in die USA reisen, werden die Auswirkungen spüren. Denn die mehr als 350 Nationalparks sind nicht mehr zugänglich. Auch das Smithsonian in Washington, der größte Museumskomplex der Welt, und die Freiheitsstatue in New York müssen dicht machen. Das US-Außenministerium bestritt am Montag aber, die Visa-Abteilungen in seinen Botschaften rund um den Globus zu schließen. Einreiseanträge würden weiter bearbeitet, versicherte Sprecherin Jennifer Psaki.

DPA · Reuters
cjf/AFP/DPA/Reuters