US-Kongress Erstmals könnte ein Muslim einziehen

Der US-Kongress steht vor einem Novum in seiner Geschichte: Bei den anstehenden Wahlen könnte mit Keith Ellison erstmals ein Muslim einziehen. Mit seiner klaren Ablehnung des Irakkriegs machte sich der Anwalt viele Feinde.

Keith Ellison kann bei den Wahlen zum US-Kongress am 7. November Geschichte schreiben: Der 43-jährige zum Islam übergetretene Afroamerikaner hat gute Chancen, als erster Muslim ein Mandat für das Abgeordnetenhaus zu gewinnen. Seit 1963 ist der 5. Wahlbezirk im Bundesstaat Minnesota, wo Ellison sich zur Wahl stellt, eine sichere Bank für Bewerber der demokratischen Partei. Außerdem leben in der Region viele Muslime; vor allem Flüchtlinge aus dem vom Bürgerkrieg geplagten Somalia. Das Problem: Wahlkämpfe sind auch Schlammschlachten und Ellison hat seinen Gegnern ausreichend Munition geliefert.

Bisher nur ein muslimischer Senator

Muslime sind in hohen Wahlämtern in den USA Exoten. Die höchste Sprosse auf der öffentlichen Karriereleiter hat bislang Larry Shaw erklommen. Der muslimische Schwarze ist seit 1996 Senator im US-Bundesstaat North Carolina. Den letzten ernsthaften Anlauf für ein Mandat im US-Kongress machte die in Saudi-Arabien geborene US-Bürgerin Ferial Masri. Sie scheiterte 2004 in Kalifornien.

"Es gab mehrere Versuche von Muslimen, ein Mandat für den Kongress zu gewinnen. Die meisten haben es jedoch nicht über die Vorwahlen hinaus geschafft. Einige Muslime sind daraufhin entmutigt worden und nicht wieder angetreten", sagt der Direktor des Rates für Amerikanisch-Islamische Beziehungen (CAIR), Nihad Awad. Dieser Dachverband vereint elf muslimische Organisationen.

"Keith ist die Hoffnung der gesamten muslimischen Gemeinschaft", sagt Awad. "Er ist ein sehr fähiger Kandidat. Er hat als Abgeordneter in Minnesota gute Zustimmungswerte." Awad fügt hinzu: "Wir glauben, dass seine Wahl eine starke Botschaft in die Welt sendet, dass sich Amerika der religiösen Toleranz und Einbeziehung verpflichtet fühlt".

Mit 19 zum Islam konvertiert

Ellison wuchs gemeinsam mit seinen vier Brüdern in einer katholischen Familie in Detroit im US-Bundesstaat Michigan auf. Mit 19 trat er zum Islam über. Nach Abschluss seines Jurastudiums blieb Ellison in Minneapolis. Sein bisheriger Wahlkreis als Mitglied des Abgeordnetenhauses von Minnesota ist ein Arbeiterviertel. Drei von vier Bewohnern gehören den Angaben zufolge Minderheiten an.

Angesichts dieser Wählerklientel bezieht Ellison in zentralen Streitfragen der US-Politik klar Stellung. Den Irak-Krieg nennt er "die größte Fehlleistung in der US-Außenpolitik seit Vietnam". "Ich war gegen den Krieg, bevor er begann, ich war dagegen, nachdem er begonnen hatte, und ich bin der einzige Kandidat, der zu einem sofortigen Rückzug (der Truppen) aufruft", sagt Ellison im Wahlkampf.

Wege aus der Illegalität ebnen

Auch andere besonders strittige Themen geht der Anwalt an. Den rund zwölf Millionen illegal in den USA lebenden Menschen will er beispielsweise einen Weg zur Staatsbürgerschaft ebnen.

Politische Gegner und Kritiker werfen Ellison einen "offenen populistischen linken und Anti-Kriegswahlkampf" vor. Nach Vorwürfen des Anti-Semitismus sowie einer angeblichen außerehelichen Beziehung spricht der Demokrat inzwischen von einer Schlammschlacht gegen ihn.

Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wehren sich Muslime in den USA dagegen, dass ihre Loyalität generell in Frage gestellt wird. Auch Ellison wird im Wahlkampf pauschal der Beziehung zu Terrororganisationen beschuldigt. "Keith Ellison. Ein Risiko. Nicht mit uns", steht beispielsweise auf Wahlplakaten seiner Gegner.

Kritik an Zusammenarbeit mit "Nation of Islam

Auch wegen seiner früheren Zusammenarbeit mit der "Nation of Islam" steht Ellison in der Kritik. Diese Schwarzenbewegung hat sich für den Islam als politische Heimat entschieden.

Einige Probleme hat sich Ellison selbst zuzuschreiben. Seinen Führerschein verlor er Anfang des Jahres, weil er Dutzende von Strafzetteln wegen Falschparkens und zu schnellen Fahrens nicht bezahlt hatte. Ellison schlampte mehrfach bei der Steuererklärung und missachtete gesetzliche Vorschriften zur Wahlkampffinanzierung. "Vernünftige Bürger aller politischen Coleur können keinen Kandidaten akzeptieren, der Gesetze machen, aber diese nicht befolgen möchte", machen politische Gegner gegen ihn Front.

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Hans Dahne/DPA