Am Dienstagnachmittag gab der ermittelnde Polizeikommandant, Jon Groves, bekannt, dass er nicht mehr nach einem Mörder suche. Nach dem Vergleich von Zahnabdrücken handelt es sich bei der männlichen Leiche, die am Freitag in den Ruinen des Familienanwesens entdeckt wurde, um Christopher Foster. Seine Frau Jillian war bereits am Wochenende identifiziert worden. Sie wurde mit einem Schuss in den Kopf getötet. Die Leiche von Tochter Kirstie ist noch nicht eindeutig idenfiziert, doch gehen die Ermittler davon aus, dass sie in einem weiteren Raum des großen Anwesens am Sonntagabend den Leichnam der 15-jährigen gefunden haben.
Cornelia Fuchs
London ist der Nabel der Welt und Europa immer noch "der Kontinent". stern-Korrespondentin Cornelia Fuchs beschreibt in ihrer wöchentlichen stern.de-Kolumne das Leben zwischen Canary Wharf und Buckingham Palace, zwischen Downing Street und Notting Hill.
Die Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, wie Foster in der Nacht zum vergangenen Dienstag mit einem Gewehr über sein Anwesen schlich. Man sieht, wie er einen Pferdeanhänger vor das Eingangstor zerrt, um dieses zu blockieren. Dann schießt er mit dem Gewehr dessen Reifen platt. Die Feuerwehr hatte sich am frühen Dienstagmorgen erst den Zugang zu dem brennenden Haus mühsam erkämpfen müssen, über den Pferdetransporter hinweg und durch Haus-Türen, die von innen verbarrikadiert waren.
Ställe und Garagen gehen in Flammen auf
Foster sieht man dann über das Gelände gehen, Ställe und Garage gehen in Flammen auf. Die Ermittler hatten dort drei tote Pferde und die Überreste von mehreren Luxusfahrzeugen gefunden. Zwei Hunde waren ebenfalls erschossen worden.
Nachdem die Anbauten brennen, wird auch das Hauptgebäude angezündet. Feuerbeschleuniger sind wohl im Einsatz gewesen - die Flammen waren so allumfassend, dass in den rauchenden Ruinen keine Zwischendecke erhalten blieb. Experten sprechen von Temperaturen bis zu 1000 Grad, die sich in dem Gemäuer entwickelt haben sollen. Die Ruinen sind so instabil, dass die Kriminologen immer wieder ihre Arbeit in den vergangenen Tagen unterbrechen mussten. Wände stürzen ein, Deckenbalken krachen zusammen. Tagelang war die Polizei damit beschäftigt, das Gebäude strukturell zu sichern.
Foster hatte diese Katastrophe offenbar geplant, hatte alles auslöschen wollen, was ihm gehörte. Dazu zählte er offenbar auch seine Frau und seine Tochter.
Stunden vor der Tragödie feierte die Familie mit Freunden
Die Angehörigen und Freunde der Toten wollten bis zuletzt nicht an diese Version der Tatnacht glauben, zu schnell und anscheinend sinnlos kam das Unglück über die Familie.
Noch Stunden bevor das Haus der Fosters von den Flammen verschlungen wurde, feierten diese bei Freunden ein Grillfest. Lustig seien sie da alle gewesen, nichts habe man bemerkt, sagte der Gastgeber am nächsten Morgen, als die Feuerwehr begann, die Ruinen des Anwesens zu löschen. Auch der Bruder von Christopher Foster beschreibt diesen als Familienmenschen, der immer nur das Beste wollte. Von finanziellen Problemen habe er nichts gewusst.
Und genau das scheint das Problem gewesen zu sein. Denn Christopher Foster hatte große Probleme. Er stand vor seinem Ruin. Und spielte nach außen weiter den Millionär. 1,5 Millionen Pfund war sein riesiges Haus wert - und er durfte es seit Mai auf Antrag der Insolvenzverwalter nicht mehr verkaufen. Im Jahr zuvor hatte ihm ein Richter in einem Urteil bestätigt, "vollkommen ohne die grundsätzlichen Instinkte einer Geschäftsmoral" zu sein.
Für seine Nachbarn war Christopher Foster weiter der nette Tontauben-Schieß-Fanatiker in Tweed, in der Garage standen Wagen der Marken Porsche bis Aston Martin, seine Tochter war für ein weiteres Jahr auf dem exklusiven Internat "Ellesmore College" angemeldet, Kostenpunkt 20.000 Euro. Sie nannte die drei Pferde der Familie auf ihrem Profil der Jugend-Webseite "Bebo" ihr ein und alles.
Doch Foster muss gewusst haben, dass sich dieses Leben bald in Luft auflösen würde. Reich geworden war der Spezialist für Feuer-Schutz-Produkte mit einer Erfindung, die Öl-Pipelines besser und schneller isolieren half. Er hatte lukrative Verträge mit großen Öl-Förder-Giganten geschlossen, hatte zwölf Mitarbeiter und die Aussicht auf weitere Millionen Euro Umsatz.
Ein besserer Verkäufer als Geschäftsmann
Doch er scheint von Anfang an ein besserer Verkäufer als Geschäftsmann gewesen zu sein. Das Geld der ersten Aufträge zerfloss ihm zwischen den Fingern. Er gab sich schon als Millionär, als er weniger als 50.000 Euro im Jahr verdiente. Im Jahr 2005 erwirtschaftete er zwar fast drei Millionen Euro, wie die Reporter der "Sunday Times" herausfanden, hatte aber bereits 3,5 Millionen Euro Schulden.
Um Geld zu sparen, umging er Verträge, die er mit Zulieferern geschlossen hatte - und verlor anschließend den Prozess wegen Vertragsbruch. Da schuldete er seinen Vertragspartnern zusätzlich 1,2 Millionen Euro und der Steuerbehörde eine weitere Million Euro.
Foster verstrickte sich in weitere Gerichtsprozesse, verklagte ehemalige Partner wegen Erpressung. Die beschuldigten ihn bereits am Wochenende in britischen Boulevard-Zeitungen des Hortens von Geldern im Ausland. Auch sie glaubten, dass er sich niemals selber umbringen könne, er habe überall Versteckmöglichkeiten, sagte ein "Geschäftspartner" namens Leo Dennis dem "Sunday Mirror".
Geschehnisse nur schwer zu rekonstruieren
Angeblich kamen am frühen Dienstagmorgen die Gerichtsvollzieher zum Anwesen von Christopher Foster. Was genau in dieser Nacht in dem Haus passierte, wird sehr schwer zu rekonstruieren sein. Noch immer suchen Kriminologen in weißen Schutzanzügen auf Knien und Händen jeden Zentimeter der Kiesauffahrt ab, katalogisieren jeden verbrannten Rest der Inneneinrichtung.
Sicher ist, dass Tochter Kirstie noch bis ein Uhr nachts mit Freunden im Internet kommunizierte, bevor die Verbindung plötzlich unterbrochen wurde. "Ich schulde dir noch ganz viel Liebe. Love you 3X", schrieb sie einem Freund. Dann war die Leitung tot.
Fosters Geschäft wurde im vergangenen Jahr von der Firma SWP aufgekauft. Sie erwartet Gewinne in Millionenhöhe in den nächsten Jahren, wie sie der "Sunday Times" mitteilte. Ein ehemaliger Geschäftspartner fügte hinzu: "Es war immer ein gutes Geschäft. Nur er hat es vermurkst."