Gut fünf Jahre nach der Orangenen Revolution steht die Ukraine vor einem Richtungswechsel. Als Sieger der ersten Runde der Präsidentschaftswahl ging der pro-russische Oppositionskandidat Viktor Janukowitsch hervor. Jedoch verfehlte er die absolute Mehrheit und muss sich am 7. Februar einer Stichwahl gegen Regierungschefin Julia Timoschenko stellen, während Amtsinhaber Viktor Juschtschenko weit abgeschlagen verlor.
Janukowitsch kam nach Auszählung fast aller Stimmen auf 35,39 Prozent der Stimmen. Timoschenko, die nach der auch von ihr angeführten pro-westlichen Orangenen Revolution in den vergangenen Jahren stets ihre guten Beziehungen zum russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin betonte, erhielt 24,97 Prozent der Stimmen. Ihr früherer Mitstreiter Juschtschenko wurde hingegen von den Wählern abgestraft: Er kam auf lediglich 5,42 Prozent der Stimmen und landete damit noch hinter dem Geschäftsmann Sergej Tigipko und dem früheren Parlamentspräsidenten Arseni Jazenjuk auf Platz fünf.
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und die EU zeigten sich zufrieden mit der ersten Wahlrunde. Diese habe den demokratischen Normen entsprochen. Die EU-Kommission forderte einen ähnlich "friedlichen" und "positiven" Verlauf der Stichwahl.
Sowohl Janukowitsch als auch Timoschenko zeigten sich überzeugt, die zweite Runde für sich entscheiden zu können. Das Ergebnis vom Sonntag sei ein klares Votum gegen die Orangene Revolution, sagte Janukowitsch. Timoschenko sagte, Janukowitsch habe wegen seiner "Nähe zu kriminellen Zirkeln" keine Chance.
Als "Königsmacher" gilt deshalb Tipiko, auf den 13 Prozent der Stimmen entfielen. Er hatte sowohl für Timoschenko als auch für Janukowitsch gearbeitet, bevor er sich für seine Kandidatur für das Präsidentenamt entschied. "Die Menschen, die mich unterstützen, haben für Wandel und Modernisierung in der Ukraine gestimmt. Von dieser Modernisierung habe ich weder von Janukowitsch noch von Timoschenko gehört", sagte Tigipko. Deshalb werde er sich hinter keinen von beiden stellen.
Für die Stichwahl rechneten Experten mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen. Sie erwarteten zudem, dass die Rivalen in diesem Fall das Ergebnis vor Gericht anfechten oder für Protestkundgebungen wie vor rund fünf Jahren sorgen werden.
Die Präsidentschaftswahl am Sonntag war die erste seit der Orangenen Revolution. Nach wochenlangen Protesten der Opposition hatte das Verfassungsgericht Ende 2004 Janukowitschs Sieg bei der Präsidentschaftswahl annulliert und eine Wiederholung angeordnet. Klarer Sieger wurde daraufhin Juschtschenko. Seine erbitterten Machtkämpfe mit Timoschenko, die anhaltende Wirtschaftskrise sowie die nach wie vor grassierende Korruption sorgten jedoch schon bald für Ernüchterung bei seinen Anhängern.