Eigentlich hätte sich Donald Trump entspannt zurücklehnen und auf die Früchte seiner Arbeit verweisen können: die boomende Wirtschaft, die sinkende Arbeitslosigkeit, die Steuerreform. Es läuft vieles rund in den USA, doch der Präsident hat nichts Besseres zu tun, als wie manisch durch die Provinz zu tingeln, um seine Anhänger vor einer Flüchtlingskarawane zu warnen, als handele es sich dabei um den Mongolensturm - nur schlimmer.
Gewalt gegen Flüchtlinge nicht ausgeschlossen
Wohl orchestriert weitet Trump nach und nach die Kampfzone aus. Täglich verschärft er den Ton gegenüber den rund 5000 Menschen, die derzeit auf den Weg zur US-mexikanischen Grenze sind. Mittlerweile will er bis zu 15.000 Soldaten entsenden, selbst den Einsatz von Waffen gegen die "Karawane" schließt der Präsident nicht mehr aus. Trump spielt das Spiel das er am besten beherrscht: Anstacheln und Angst verbreiten. Manche Beobachter lesen aus seinem Verhalten, dass er selbst auch Angst hat - Angst davor am Dienstag ab halb acht am Abend eine der komfortabelsten Lagen einer Regierungspartei seit langem verloren zu haben.
Am 6. November stehen in den USA die so genannten Midterms an – zwei Jahre nach der Präsidentschaftswahl wird traditionell das gesamte Repräsentantenhaus (in etwa wie der Bundestag) neu gewählt und ein Teil der zweiten Kongresskammer, dem Senat. In beiden Häusern haben die Republikaner die Mehrheit, doch den Umfragen zufolge werden die oppositionellen Demokraten das Abgeordnetenhaus gewinnen. Der Senat dürfte in der Hand der Konservativen bleiben. Daneben finden noch eine Reihe von Gouverneurswahlen statt, bei denen sich mutmaßlich eher Republikaner durchsetzen dürften.
Demokraten wollen Trumps Schwäche ausnutzen
Alles in allem sieht es eigentlich ganz gut aus für die Regierungspartei - denn bei Zwischenwahlen ist es nicht unüblich, dass die Wähler lieber die Opposition wählen - auch als Zeichen nach Washington. Darauf hoffen dieses Jahr eigentlich auch die Demokraten, denn schließlich ist der Mann im Weißen Haus so unbeliebt wie kaum ein anderer Präsident bevor. Selbst auf den ersten Blick erfolgreiche Reformen wie die Steuersenkungen zünden in der Bevölkerung nicht besonders, weil sie Reiche stärker bevorteilen als den Mittelstand. Und zu einem der größten Themen, das die Amerikaner umtreibt – die exorbitant hohen Beiträge zur Krankenversicherung - hatte der Präsident zuletzt nicht viel zu sagen.
Und noch eine Schwäche Trumps versucht die Opposition auszunutzen: seine Unbeliebtheit bei Frauen. Die Empörung über die zahllosen Ausfälle gegenüber Frauen und der Einfluss der "metoo"-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe haben dieses Jahr eine Rekordzahl an weiblichen Kandidaten mobilisiert: 257 Frauen kandidieren für den Kongress, 198 davon für die Demokraten. Obwohl schon der Präsidentschaftskandidat Trump mit frauenfeindlichen Äußerungen aufgefallen war, haben ihn 41 Prozent der Frauen gewählt, bei weißen Akademikerinnen waren es sogar 44 Prozent. Damit scheint es aber nun vorbei zu sein: Laut "Washington Post" bevorzugen inzwischen 57 Prozent der einstigen Trump-Wählerinnen die Demokraten. Diese Zahlen dürften für den US-Präsidenten auch deshalb beunruhigend sein, da mehr als die Hälfte der Wähler weiblich ist.

Blaues Auge für Donald Trump
Und doch: Weil die Konjunktur brummt und einige US-Bundesstaaten aus Prinzip konservativ wählen, ganz gleich, wer in Washington regiert, wird Donald Trump nach Stand der Dinge wohl mit einem blauen Auge aus der Zwischenwahl hervorgehen. Die Opposition zwar legt zu, aber nicht so viel, als dass sie die gesamte Regierungsarbeit völlig blockieren könnte. Die wohl spürbarste Veränderung dürfte vom Abgeordnetenhaus ausgehen, wo die dann demokratische Mehrheit Nachbasserungen bei dem einen oder anderen Gesetz verlangen wird. Und mehr noch: die Untersuchungen zur Russland-Affäre und illegale Kontakte nach Moskau ausweitet und verschärft. Die möglichen Folgen daraus allerdings sind noch unabsehbar.
Quellen: "The Atlantic", "Seattle Times", Realclearpolitics, Fivethirtyeight.com, "Washington Times"