Olaf Scholz kommt, J. D. Vance ebenfalls – Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron lädt Politiker und Techgrößen nach Paris. Es geht um KI. Und eine große Chance für Europa.
Innenpolitisch ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schwer angeschlagen – auf internationaler Bühne hingegen will er Impulse setzen. Dieses Mal geht es ihm um eine rasante Entwicklung: künstliche Intelligenz. Genauer gesagt: künstliche Intelligenz made in Europe. Der Kontinent dürfe bei dieser "Revolution" nicht den Anschluss verpassen, warnt Macron. Und präsentiert sich als Mann der Tat: In Paris lädt er zu einer internationalen zweitägigen KI-Konferenz, die man vorsorglich gleich "AI Action Summit" getauft hat. Ein "Aktionsgipfel" also, bei dem nicht nur geredet, sondern auch gehandelt werden soll.
KI-Gipfel: Paris als Bühne
Unter dem prächtigen Glasdach des Pariser Grand Palais versammeln sich ab dem heutigen Montag hochkarätige Technologieunternehmer und Wissenschaftler, dazu rund hundert Spitzenpolitiker aus aller Welt. Olaf Scholz ist geladen, Ursula von der Leyen, US-Vizepräsident James David Vance; aus China reist der stellvertretende Regierungschef Ding Xuexiang an. Indiens Staatschef Narendra Modi ist Mitgastgeber des Treffens.
Frankreich, so heißt es, lege Wert darauf, den globalen Süden in den Wettbewerb einzubinden. Diplomatie mit konkretem Nutzen: Paris wird im Zuge des Besuches auch in Sachen Rüstung und Nuklearenergie mit Neu-Delhi Geschäfte besiegeln. Mit Saudi-Arabien wurde bereits ein Investitionsabkommen für den Bau eines gigantischen KI-Rechenzentrums in Frankreich unterzeichnet.
Worum also geht es bei dem Gipfel? Neben dem Austausch über technische Standards und Abkommen soll Europa als Standort für ethische und sichere KI-Innovationen sichtbar gemacht werden. Paris biete dafür die bestmögliche Bühne, findet man in Frankreich und nennt seine Metropole bereits selbstbewusst die "Welthauptstadt der KI".
Emmanuel Macron meldet sich mit einer Ruckrede zurück
Der seit der hauseigenen Regierungskrise recht still gewordene Emmanuel Macron meldete sich am Wochenende mit einer Ruckrede zurück: Europa solle für seine Autonomie kämpfen und das Feld der Künstlichen Intelligenz nicht den USA und China überlassen. "Wenn Europa sich des Themas annimmt, vereinfacht und beschleunigt, kann es seine Karten noch ausspielen. Heute ist noch alles möglich, wenn wir eine Strategie entwickeln und wirkliches Engagement zeigen", so Macron gegenüber der französischen Regionalpresse.
Am Sonntag schickte er via Instagram dann noch augenzwinkernd einen Zusammenschnitt KI-generierter Fake-Videos hinterher, die ihn als Disco-Tänzer oder MacGyver zeigen. "Aber im Ernst", kommentiert der Präsident, "mit künstlicher Intelligenz können wir große Dinge vollbringen." Frankreich und Europa müssten die Chancen dieser Entwicklungen nutzen und gleichzeitig die Prinzipien vorantreiben, an die man glaube.
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Das Treffen dient also – typisch für Macron – auch dem Ziel, sich selbst ins Gespräch und die in seinen Augen oft so behäbige Europäische Union auf Trab zu bringen. Allerdings muss man Frankreichs Staatschef zugestehen, dass er das Thema KI nicht erst kürzlich für sich entdeckt hat. Bereits 2018 betonte er eindringlich, die sich beschleunigende Ära der künstlichen Intelligenz sei vor allem eine umfassende politische Revolution, deren Herausforderungen und Möglichkeiten Europa sich stellen müsse.
Damals beauftragte er den hochdekorierten französischen Mathematiker Cédric Villani mit einem Fachreport zum Thema. Dessen Fazit lautet heute: Wenn es um Forschung und die Entwicklung von Algorithmen gehe, sei Europa noch ganz gut im Rennen. Bei den finanziellen Mitteln allerdings herrsche im Vergleich zu anderen Regionen ein großes Ungleichgewicht.
Geld spielt also auch eine Rolle. In den USA präsentierte Donald Trump das KI-Projekt "Stargate", dessen Budget rund 500 Milliarden Dollar stark sein soll. China wiederum verblüffte die Welt mit seinem vergleichsweise günstigen Modell DeepSeek. Angesichts dieses Wettlaufs plädiert Emmanuel Macron für "mehr wirtschaftlichen und europäischen Patriotismus" und Investitionen in "europäische Champions".
In der Champions-League spielt die EU allerdings bislang vor allem, wenn es um die Regulierung der künstlichen Intelligenz geht. Viele Einschränkungen, wenig Fortschritt – eine Tendenz, die Emmanuel Macron bereits häufig bemängelt hat. Die KI dürfe nicht zum "wilden Westen" werden, versichert er nun – wohl auch zur Beruhigung der französischen Kulturszene und anderer Kritiker. Europa müsse selbstverständlich dafür eintreten, eine nachhaltige und ethische KI zu fördern. Diese Ansprüche seien jedoch nur durchsetzbar, wenn die EU sich auch im Bereich der Innovation behaupte.
Nicht nur im Élysée-Palast wertet man den überraschenden Erfolg des chinesischen DeepSeek als Indiz dafür, dass bei der KI längst noch nicht alles entschieden sei. Frankreich versammelt inzwischen rund 750 KI-Start-ups – dafür gab es dieser Tage Lob von Sam Altman, dem Chef von Open AI: Die "Heimat der Aufklärung" weise den Weg in ein neues Zeitalter und habe eine Strategie entwickelt, der andere europäische Nationen folgen sollten, schreibt er in einem Gastbeitrag für "Le Monde".
Enden soll die Konferenz mit einer Vereinbarung, die verschiedene Grundprinzipien anspricht, den Schutz der Rechte etwa, die Verlässlichkeit der Informationen oder den Schutz des geistigen Eigentums. Allerdings möchte man in Paris die Erwartungen an eine eventuelle "Abschlusserklärung" nicht zu hoch schrauben. Die Konferenz versteht sich in erster Linie als ein Ort der Zusammenkunft in konfliktreichen Zeiten. Und als Ansporn für Europa.