Nur fünf Tage vor der US-Präsidentenwahl am 2. November gibt es neue Schlagzeilen um die Vergabe von lukrativen amerikanischen Aufträgen für den Wiederaufbau im Irak. Wie US-Medien am Donnerstagabend (Ortszeit) berichteten, untersucht das Bundeskriminalamt FBI, ob das Verteidigungsministerium widerrechtlich nicht öffentlich ausgeschriebene Verträge für Wiederaufbau-Projekte im Irak an den texanischen Ölservice-Giganten Halliburton vergab. Der Republikaner Richard Cheney war Vorsitzender des Unternehmens, bevor er nach der Wahl 2000 zum Stellvertreter von Präsident George W. Bush wurde.
Cheney, der bei der diesjährigen Wahl erneut an der Seite von Bush als "Vize" kandidiert, bezieht als Teil seines "Trennungspakets" von Halliburton weiterhin Gelder von dem Unternehmen. Er ist in der Vergangenheit wiederholt beschuldigt worden, bei der Irak-Vertragsvergabe an Halliburton eine Rolle gespielt zu haben.
Den Medienberichten vom Donnerstagabend zufolge will das FBI jetzt einen führenden Vertragsunterhändler des Pentagon vernehmen und ist dabei, Akten aus verschiedenen Behörden sicher zu stellen. Das Bundeskriminalamt untersucht bereits seit geraumer Zeit, ob Halliburton den US-Truppen Treibstoff im Irak zu drastisch überhöhten Preisen lieferte.
Politische Gründe hätten den Ausschlag gegeben
Wie aus Dokumenten hervorgeht, beschwerte sich die Beamtin Bunnatine Greenhouse bei der Rechtsabteilung der Streitkräfte darüber, dass entgegen ihrer Empfehlung ein Milliarden schwerer Auftrag an die Halliburton-Tochter Kellogg, Brown & Root (KBR) vergeben wurde, und zwar ohne Ausschreibung für fünf Jahre. Auf die Ausschreibung hatte das Verteidigungsministerium im Februar 2003 - einen Monat vor Beginn des Irak-Kriegs - mit der Begründung verzichtet, die Angelegenheit sei zu dringlich.
Greenhouse kritisierte damals die Vertragslaufzeit als zu lang. Ihren Angaben zufolge wurden die Verträge dann ohne ihr Wissen von Untergebenen abgezeichnet, die sich angeblich mit höherrangigen Beamten abgesprochen hätten. Ähnlich sei es bei einem Auftrag zur Versorgung von US-Truppen auf dem Balkan gewesen. Dieser sei im Mai dieses Jahres ausgelaufen und ohne Neuausschreibung verlängert worden. In diesem Fall habe sie inoffiziell erfahren, dass "politische Gründe" den Ausschlag gegeben hätten. Eine Halliburton-Sprecherin wies die Vorwürfe zurück.
Greenhouse hat mit ihrer deutlichen Kritik Mut bewiesen
Den vorliegenden Dokumenten zufolge will das FBI Greenhouse gezielt zu diesen Fällen befragen. Ihr Anwalt Stephen Kohn erklärte, die Beamtin sei zur Kooperation bereit, doch verlange sie den Schutz der Streitkräfte vor etwaigen Vergeltungsmaßnahmen des Verteidigungsministeriums. Die Tatsache, dass sich jetzt das FBI einschalte, beweise die Schwere des Fehlverhaltens von Ministerialbeamten, sagte Kohn. Greenhouse dagegen habe mit ihrer deutlichen Kritik Mut bewiesen.
Das FBI äußerte sich auf Anfrage nicht offiziell zu dem Vorgang. Ein ranghoher Beamter, der ungenannt bleiben wollte, erklärte jedoch, die Ermittlungen erstreckten sich nicht aufs Weiße Haus und auch nicht auf das Büro von Cheney. Der Sprecher des Vizepräsidenten, Kevin Kellems, bestätigte, Cheney sei in dieser Angelegenheit nicht von Ermittlern kontaktiert worden.
Rechnungsprüfer des Verteidigungsministeriums haben schon mehrfach kritisiert, dass die Firma KBR für Benzinlieferungen in den Irak sowie für andere Dienstleistungen überhöhte Preise verlangt habe.