Wut über Sparprogramm der Regierung Ausschreitungen bei Demonstrationen in Griechenland

Die Wut über das von der EU diktierte eiserne Sparprogramm treibt die Griechen zu immer schärferen Protesten auf die Straße. Beim zweiten landesweiten Streik binnen einer Woche kam es am Donnerstag zu massiven Ausschreitungen.

Die Wut über das von der EU diktierte eiserne Sparprogramm treibt die Griechen zu immer schärferen Protesten auf die Straße. Beim zweiten landesweiten Streik binnen einer Woche kam es am Donnerstag zu massiven Ausschreitungen. In Athen griffen vermummte Demonstranten Bereitschaftspolizisten an, warfen sie von ihren Motorrädern und schlugen und traten auf sie ein. Gegen Brandsätze und Steine wehrten sich die Sicherheitskräfte mit Tränengas und Rauchbomben. Mindestens neun Personen wurden festgenommen, zwei Polizisten verletzt. Auch in Thessaloniki kam es zu Zusammenstößen.

Der Streik legte das öffentliche Leben abermals lahm. Neben Angestellten im öffentlichen Dienst beteiligten sich Ärzte, Bankangestellte und Journalisten. Behörden und Schulen blieben geschlossen, Krankenhäuser arbeiteten nur mit Notbesetzung. Flüge wurden gestrichen, es fuhren weder Züge noch Fähren, in Radio und Fernsehen liefen keine Nachrichten.

Gerade die unteren Einkommensschichten fühlen sich durch Steuererhöhungen und Gehaltskürzungen stranguliert. Doch wegen der enormen Staatsverschuldung steht die Regierung mit dem Rücken zur Wand: Um sich frisches Geld an den Kapitalmärkten zu leihen, muss Athen immer höhere Zinsen und Risikoprämien zahlen.

Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) müssten jetzt einspringen, um Griechenland aus diesem Teufelskreis zu befreien, forderte Vizepremierminister Theodoros Pangalos am Mittwochabend. "Wenn es ungerechtfertigte Spekulationsangriffe auf unsere Anleihen gibt, wollen wir, dass eine dieser Institutionen kommt und sagt: 'Seht, ich bin da, und ich kaufe die Anleihen zu diesem Preis und mit diesen Zinsen'", sagte er dem Sender Mega TV.

Bei der größten Demonstration zogen 20.000 Menschen durch die Innenstadt von Athen. Sie riefen "Keine Opfer mehr für die Plutokratie" und "Krieg dem Krieg". Vor dem Parlamentsgebäude schleuderten Demonstranten Steine und Molotow-Cocktails und besprühten Bereitschaftspolizisten mit brauner Farbe. Die Sicherheitskräfte schossen mit Tränengas zurück. Eine gewaltbereite Gruppe warf Fensterscheiben von Geschäften und Banken ein. Die Ladenbesitzer ließen eiligst die Rollläden herunter, Geschäftsleute mit Anzügen und vom Tränengas geröteten Augen brachten sich verängstigt in Sicherheit.

Auch in der nordgriechischen Stadt Thessaloniki kam es am Rande einer Massendemonstration mit rund 14.000 Menschen zu Ausschreitungen. In Athen hielten Mitarbeiter der Sicherheitskräfte, der Feuerwehr und der Küstenwache eine Protestkundgebung gegen das Sanierungsprogramm ab. Eine Beteiligung am Streik ist ihnen untersagt.

Die EU, Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere europäische Regierungschefs haben das verschärfte Sparprogramm von Regierungschef Georgios Papandreou gelobt. Es hat einen Umfang von 4,8 Milliarden Euro und soll das Vertrauen der Märkte zurückerobern und das Haushaltsdefizit in einem Jahr um vier Prozentpunkte vermindern.

Erreicht werden soll dies unter anderem mit Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst von rund acht Prozent sowie eine Erhöhung der Verbrauchssteuern. "Sie wollen, dass die Arbeitnehmer den Preis für diese Krise bezahlen", kritisierte der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes GSEE, Jannis Panagopoulos. "Diese Maßnahmen wirken nicht, sie werden die Wirtschaft einfrieren."

APN
Elena Becatoros, APN