Debatte über Euro-Austritt Gabriel pocht auf Vertragstreue Griechenlands

Plötzlich ist sie wieder da - die Diskussion über einen Euro-Austritt Griechenlands. Als erstes Regierungsmitglied äußerte sich Sigmar Gabriel: Er will sich nicht von Athen erpressen lassen.

Deutschland ist nach Ansicht von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nicht mehr erpressbar, sollte Griechenland nach der anstehenden Parlamentswahl vom Reformkurs abweichen. Die Euro-Zone sei wesentlich stabiler und widerstandsfähiger als noch vor einigen Jahren, sagte der SPD-Chef der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". "Deswegen sind wir übrigens auch nicht erpressbar, sondern erwarten von der griechischen Regierung, egal wer sie stellt, dass die mit der EU getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden."

Drei Wochen vor der Neuwahl in Griechenland ist die Debatte die "Grexit"-Debatte wieder voll entbrannt. "Grexit" setzt sich aus "Greece" und "exit" zusammen und meint das Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Auslöser ist ein "Spiegel"-Bericht, nach dem die Bundesregierung einen Abschied des hoch verschuldeten Landes vom Euro inzwischen für verkraftbar hält. Der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter trat aber dem Eindruck entgegen, dass es einen Bruch in der Haltung der Bundesregierung gebe. "Es gibt keine Kursänderung", sagte er. "Die Bundesregierung geht davon aus, dass Griechenland auch weiterhin seinen Verpflichtungen nachkommen wird."

Söder: "Keine Lex Griechenland"

Nach Worten von Bayerns Finanzminister Markus Söder muss Griechenland beim Sparkurs bleiben - unabhängig vom Ausgang der Wahlen. "Für mich ist klar, es gibt keinen Schuldenerlass und keine Rabatte, nur weil jetzt eine neue Regierung kommt", sagte der CSU-Politiker der #link;http://www.sueddeutsche.de/politik/angst-um-den-euro-europa-muss-den-griechen-nicht-entgegenkommen-1.2290711;"Süddeutschen Zeitung"#. "Es wird keine Lex Griechenland geben."

Zugleich warnte Söder in der Debatte über die Zukunft des Landes in der Eurozone vor überzogenen und voreiligen Schritten. Zwar habe er einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone schon früher nicht als "Schreckensszenario" empfunden. "Man hat sich aber damals bewusst für einen anderen Weg entschieden. Den muss man zunächst seriös weiter beschreiten."

240 Milliarden Euro bereitgestellt

Die Linke warf der Regierung Erpressung und gezielte Destabilisierung Griechenlands vor. "Die Bundesregierung lanciert mit dieser gezielten Indiskretion eine Bombe, die in Griechenland die Krise eskaliert", sagte Parteichef Bernd Riexinger dem "Handelsblatt". Auch aus der SPD kamen skeptische Reaktionen. Die eurokritische AfD begrüßte dagegen die "späte Einsicht" der Regierung. Die Grünen halten eine solche Debatte vor der Wahl am 25. Januar für unangebracht. In den Umfragen führt die Linkspartei Syriza von Aleksis Tsipras, die Griechenlands Sparpolitik beenden und einen Schuldenerlass verlangen will. Dies käme einer Aufkündigung der Vereinbarungen mit den Geberländern gleich, die Hilfspakete im Umfang von 240 Milliarden Euro für das Krisenland aufgelegt haben.

Der "Spiegel" berichtet, sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) wollten Griechenland nicht mehr um jeden Preis im Euro halten. Grund für die neue Einschätzung seien Fortschritte, die die Eurozone seit dem Krisenhöhepunkt 2012 gemacht habe. Dazu zähle der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), über den Staaten im Notfall mit bis zu 500 Milliarden Euro gerettet werden können. Auch sei die Ansteckungsgefahr für andere, ehemals gefährdete Länder wie Irland oder Portugal nicht mehr so groß.

Hohe Risiken für Euroländer

Die Bundesregierung halte ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro für nahezu unausweichlich, wenn das Land nach der vorgezogenen Parlamentswahl seinen Sparkurs aufgebe, heißt es in dem Bericht weiter. Das Finanzministerium wollte das nicht kommentieren und verwies auf eine Äußerung Schäubles vor einer Woche. "Wenn Griechenland einen anderen Weg einschlägt, wird es schwierig", hatte er als Reaktion auf die Neuwahlen gesagt.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Der Ökonom Peter Bofinger warnte vor einem Euro-Austritt Griechenlands. "Ein solcher Schritt wäre mit sehr hohen Risiken für die Stabilität des Euro-Raums verbunden", sagte er der "Welt am Sonntag". Damit würde womöglich "ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre".

DPA
she/DPA