Ablehnung von City-BKK-Versicherten Bahr droht Krankenkassen mit Konsequenzen

Rund 170.000 Versicherte der Pleite gegangenen City BKK müssen sich nach neuen Krankenkassen umsehen, haben es dabei aber alles andere als leicht. Gesundheitsminister Bahr kritisierte die Abwimmeltaktik der Kassen scharf. Diese lenkten schließlich ein.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat Befürchtungen zurückgewiesen, nach der City BKK könnten auch andere Krankenkassen pleitegehen. "Die City BKK ist ein absoluter Sonderfall", sagte Bahr am Donnerstag im ZDF-"Morgenmagazin". Es gebe zwar weitere Kassen, die ihm Sorgen bereiteten, aber, so Bahr: "Wir sorgen für ein stabiles Finanzierungssystem, so dass ich der festen Überzeugung bin, dass der Fall der City BKK auch der Sonderfall bleiben wird."

Da die City BKK pleite ist und geschlossen wird, müssen sich ihre knapp 170.000 Versicherten, die vorwiegend in Hamburg und Berlin leben, eine neue Krankenkasse suchen. Manche Kassen weigern sich, vor allem ältere und kranke Versicherte aufzunehmen. Der Kassen-Spitzenverband hatte Zusatzbeiträge von bis zu 70 Euro pro Monat als möglich bezeichnet. Das sei "Irreführung", sagte Bahr. "Allenfalls ist mit Zusatzbeiträgen im Schnitt im niedrigen einstelligen Eurobereich zu rechnen."

Bahr findet Verhalten der Kassen "skandalös"

Bahr drohte den Kassen wegen ihrer Abwimmel-Praxis erneut Konsequenzen an, ohne Details zu nennen. Er erwarte jetzt Lösungen von ihnen. "Wenn die Krankenkassen nicht weiterkommen und auch heute keine konkreten Lösungen bieten, dann kann ich natürlich Konsequenzen nicht ausschließen, dann müssen wir als Politik handeln." Die Kassen fügten sich selbst einen großen Imageschaden zu. Ihr Verhalten sei skandalös.

Die Rechtslage sei klar. "Es gibt eine Annahmepflicht, das heißt, jeder Versicherte hat einen Anspruch darauf, von einer anderen gesetzlichen Krankenkasse aufgenommen zu werden", sagte der Gesundheitsminister. Kein Versicherter verliere seinen Versicherungsschutz.

Union will mit Gesetzesänderung gegensteuern

Auch die Union will die Abwimmel-Praxis der Krankenkassen nicht länger hinnehmen. "Wir prüfen eine zeitnahe Gesetzesänderung, um Kassenvorstände für dieses unwürdige Verhalten zur Verantwortung ziehen zu können", sagte Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) der "Financial Times Deutschland".

Chefs von Krankenkassen, die interessierte neue Mitglieder in Telefonschleifen abwimmelten oder die ihre Geschäftsstellen plötzlich bis auf weiteres schlössen, müssten "persönlich haften". Schon kommende Woche würden die Gesundheitspolitiker der Union über eine entsprechende Gesetzesänderung beraten, kündigte Singhammer an.

Krankenkassen lenken ein

Die Drohungen aus der Politik zeigten schließlich Wirkung. Die Krankenkassen erklärten am Donnerstag, alle Versicherten der bankrotten City BKK wolle man jetzt anstandslos aufnehmen. Möglichst viele der Betroffenen sollen binnen sechs Wochen eine neue Chipkarte bekommen, Problemfälle sollen allen Beteiligten einer eigens gegründeten Kassen-"Task force" gemeldet werden.

Kein Versicherter werde mehr an andere Kassen geschickt, teilten die Kassenverbände nach einem Krisentreffen in Berlin mit. Dort waren 30 Vertreter der 18 hauptsächlich betroffenen Kassen zusammengetroffen. Helfen sollten zusätzliche Beratungsstellen, mehr Berater und längere Öffnungszeiten. Der Chef der Securvita Krankenkasse, Ellis Huber, sagte, eingerichtet werden solle auch ein E-Mail-Verteiler aller "Task force"-Mitglieder. "Hier werden ab sofort alle Problemfälle gemeldet. Ab sofort werden diese Fälle öffentlich gemacht", so Huber.

DPA
mlr/DPA/AFP

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