Nach der Schießerei in einem Bundeswehr-Lager in Afghanistan ist ein dritter deutscher Soldat gestorben. Der 21-jährige Hauptgefreite sei im Rettungszentrum des Feldlagers in Masar-i-Scharif gestorben, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam. Bei dem Angriff eines afghanischen Soldaten wurden zwei weitere Soldaten schwer und vier leicht verletzt.
Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr teilte mit, um 12 Uhr Ortszeit habe ein Mann, der die Uniform der afghanischen Streitkräfte trug, aus kurzer Distanz das Feuer auf eine Gruppe deutscher Soldaten eröffnet. Die Männer seien gerade mit "Instandsetzungsarbeiten" beschäftigt gewesen und völlig überrascht worden.
Soldaten in Bayern stationiert
Die beiden anderen getöteten Soldaten, ein 22-jähriger Stabsgefreiter und ein 30 Jahre alter Hauptfeldwebel, waren ursprünglich in Regen in Niederbayern stationiert. Der getroffene Hauptfeldwebel erlag kurze Zeit nach dem Angriff seinen Verletzungen. Der Stabsgefreite starb dann einige Stunden später.
Es war der schlimmste Angriff auf die Bundeswehr in Afghanistan seit fast einem Jahr. Der Angreifer, ein eigentlich zum Schutz des Bundeswehr-Außenpostens "OP North" eingesetzte afghanischer Soldat, wurde erschossen. Die Bundesregierung sprach von einem "hinterhältigen Terrorakt". An ihrer Zusammenarbeit mit der afghanischen Armee will sie aber festhalten.
Zu seiner Identität gab es keine näheren Angaben. Wie er durch die Sicherheitskontrollen kam, muss noch geklärt werden. Derzeit wird das Lager ausgebaut. Deshalb halten sich dort auch regelmäßig viele afghanische Soldaten und Arbeiter auf. Als möglich galt auch, dass sich ein Aufständischer die Uniform auf illegalem Weg besorgte.
Westerwelle spricht von Terrorakt
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sprach von einem "hinterhältigen Terrorakt". Der Anschlag habe nicht nur der Bundeswehr gegolten. "Es war ein Angriff auf all jene, die sich für ein friedliches Afghanistan einsetzen", erklärte er. FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff verurteilte im Namen ihrer Fraktion den "feigen Anschlag". Nach Ansicht der Linken-Politikerin Christine Buchholz belegt die Schießerei mitten im Bundeswehr-Camp das Scheitern des Konzepts der Nato, in Afghanistan eine Bürgerkriegsarmee auszubilden. Wenn es genüge, sich die Uniform der afghanischen Armee anzuziehen, um Tod und Verderben in einen Bundeswehrposten zu bringen, werfe dies Fagen auf.
Nach Angaben der "Bild"-Zeitung befinden sich auf dem Stützpunkt "OP North" in der Provinz Baghlan wegen des Ausbaus zeitweise mehrere hundert Afghanen. Bereits in der Vergangenheit sei es dort schon zu einem sicherheitsrelevanten Zwischenfall gekommen, bei dem ein afghanischer Arbeiter einen deutschen Wachposten ausgespäht habe. Am 13. Februar versuchte zudem eine Gruppe von ungefähr 50 afghanischen Jugendlichen, sich Zugang zur Schießbahn zu verschaffen. Ein Wachposten gab laut Bundeswehr Warnschüsse ab.
Guttenberg verbrachte hier eine Nacht
Karl-Theodor zu Guttenberg hatte die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in dem Außenposten verbracht. Der Verteidigungsminister sagte in Berlin lediglich: "Ich trage die Verantwortung für die Soldaten im Einsatz, wie ein Ereignis am heutigen Tag einmal mehr auf bittere Weise zeigt." Offiziell bestätigt wurde die Tat erst, nachdem die Angehörigen informiert waren.

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick
Abonnieren Sie unseren kostenlosen Hauptstadt-Newsletter – und lesen Sie die wichtigsten Infos der Woche, von unseren Berliner Politik-Expertinnen und -Experten für Sie ausgewählt!
Vergangenes Jahr starben im Einsatzgebiet rund um den "OP North" fünf deutsche Soldaten. Im Dezember wurde ein Bundeswehr-Angehöriger durch einen Schuss aus der Waffe eines Kameraden getötet. Die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb noch. In den vergangenen Wochen hatte sich die Sicherheitslage in der Region allerdings deutlich verbessert. In Gefechte waren deutsche Soldaten seit längerer Zeit nicht mehr verwickelt.
Stützpunkt des Ausbildungsbataillions
Im "OP North" sind Soldaten eines sogenannten Ausbildungs- und Schutzbataillons stationiert, das für das Training der afghanischen Armee im Einsatz gebildet wurde. Die Bundeswehr nennt die etwa 70 Kilometer südlich von Kundus gelegene Stellung auch "Adlerhorst". Sie liegt auf mehreren Ebenen an einer Anhöhe. Die verstärkte Ausbildung der afghanischen Armee gehört zum geänderten Afghanistan-Konzept der Bundesregierung.