Es gilt das gesprochene Wort. Alexander Gauland, stellvertretender Vorsitzender der Alternative für Deutschland (AfD), hat zum verheerenden Terroranschlag auf die Redaktion des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" Folgendes zu sagen: "All diejenigen, die bisher die Sorgen der Menschen vor einer drohenden Gefahr durch Islamismus ignoriert oder verlacht haben, werden durch diese Bluttat Lügen gestraft". Das Massaker von Paris zeige, wie fragil und schutzbedürftig die Grundwerte unserer Gesellschaft seien. "Vor diesem Hintergrund erhalten die Forderungen von Pegida besondere Aktualität und Gewicht".
Das ist nicht mal schnell so dahin gesagt und im Zorn. Die Formulierungen sind mit Bedacht und Kalkül gewählt. Es sind die Worte eines Brandstifters. Gauland nutzt das Momentum des Terroranschlages für seine präzise Unschärfe. Islam. Islamisierung. Islamismus. Alles in einen Topf. Als würden die Tausende von Dresden jeden Montag ihre Ängste vor durchgeknallten Einzeltätern artikulieren - und sonst nichts. Pegida aber speist sich aus einer stabilen Islamophobie; der Moslem von nebenan ist in ihrem Weltbild der Fremde, die Bedrohung, der Feind.
AfD-Gemäßigte müssen sich distanzieren
Gauland weiß das, natürlich. Er war schon in Dresden. Er gehört zur Populismus-Riege der AfD, die einen Schulterschluss zwischen der im Aufwind befindlichen Partei und den dumpfen Montagsdemonstranten auf den Elb-Wiesen befürwortet. Gelingt das, dann sind das die Ingredienzen für so etwas ähnliches wie einen deutschen "Front National".
So weit ist es noch nicht - und trotzdem ist es hohe Zeit, dass sich die Gemäßigten in der AfD von diesem Mann distanzieren. Und das nicht nur verbal. Entweder er müsste gehen. Oder sie. Sonst werden Leute wie Parteichef Bernd Lucke oder Vize Hans-Olaf Henkel zu einem Feigenblatt.
Axel Vornbäumen wird nächste Woche Michel Houellebecqs Buch "Die Unterwerfung" lesen. Bis es auf den Markt kommt nimmt er nochmal Max Frisch zur Hand: "Biedermann und die Brandstifter". Man kann dem Autor auf Twitter unter @avornbaeumen folgen.