Angela Merkel Gutes Zeugnis für Koalition

Ein Jahr nach dem Start der großen Koalition zog Bundeskanzlerin Merkel eine positive Bilanz ihrer Regierungsarbeit. Auch SPD-Fraktionschef Struck zeigte sich zufrieden. FDP und Linke sind allerdings weniger erfreut.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht Deutschland ein Jahr nach dem Start der großen Koalition auf dem richtigen Weg. "Nach Jahren der Stagnation befindet sich das Land wieder im Aufschwung", sagte Merkel zum Auftakt der traditionellen Generaldebatte im Bundestag zum Haushalt 2007. Die Wirtschaft wachse so stark wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Sie verwies auf die sinkende Arbeitslosigkeit, eine robuste Konjunkturentwicklung und eine historisch sinkende Neuverschuldung. "Ich finde, das sind gute Daten, und über diese können wir uns freuen." Trotz der Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent zum 1. Januar gebe es keine Anzeichen für eine fühlbare Abschwächung des Wirtschaftswachstums, sagte die Regierungschefin.

Als weitere Erfolgsprojekte der Regierungskoalition nannte Merkel die Föderalismusreform, die Neuregelung bei der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen, die Verständigung in der Rentenpolitik, die Gesundheitsreform sowie das neue Elterngeld und den erstmalig veranstalteten Islamgipfel.

Wichtige Weichenstellungen

Eine positive Zwischenbilanz der Koalition zog auch SPD-Fraktionschef Peter Struck. Es sei auch deshalb ein erfolgreiches Jahr gewesen, weil sich die beiden großen Volksparteien über wichtige Fragen verständigt hätten. "Große Koalition heißt auch, dass man große Kompromisse schließen muss", sagte er. "Unterschiede in der Sache sind überwindbar, wenn das Vertrauen zwischen den handelnden Personen stimmt." Unter dem Beifall des nahezu voll besetzten Plenums hatte die Kanzlerin zuvor betont, dass es in den vergangenen zwölf Monaten wichtige Weichenstellungen gegeben habe.

Dabei erwähnte Merkel auch die deutsche Beteiligung an der UN-Friedensmission im Nahen Osten. Gleichzeitig erteilte sie einer Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan eine klare Absage. "Ich sehe aber kein über dieses Mandat hinausgehendes militärisches Engagement."

Mehr Wachsamkeit

Auch Struck verteidigte die Entscheidung, die Bundeswehr nicht dauerhaft in den Süden Afghanistans zu entsenden, sondern die erzielten Stabilisierungserfolge im Norden zu sichern. Er gehe davon aus, dass dies auch beim Nato-Gipfel Ende des Monats bestätigt werde. Er stellte sich ausdrücklich hinter Überlegungen Jungs, die Zahl der in Bosnien eingesetzten deutschen Soldaten künftig zu reduzieren.

Merkel mahnte nach den jüngsten Fällen von Kindesmisshandlungen auch mehr Wachsamkeit von staatlichen Behörden und Bürgern an. "Wir müssen eine Gesellschaft aufbauen, in der Zivilcourage herrscht", sagte die Bundeskanzlerin. Das seien alles Fälle, "die uns zutiefst bekümmern". Merkel sprach sich dafür aus, die Eltern mehr zu unterstützen in ihrem Erziehungsauftrag. Dafür müsse über die Parteipolitik hinweg zusammengearbeitet werden. Es gebe einen Schutzauftrag und ein Wächteramt des Staates.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Opposition kritisch

Die Opposition zog eine kritische Bilanz. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Rainer Brüderle meinte, das erste Regierungsjahr sei ein verlorenes Jahr gewesen. Der Wirtschaftsaufschwung sei weitgehend kein Erfolg der Regierung, sondern der Unternehmen und des Mittelstandes. "Die Bundesregierung ist weder Vater noch Mutter des Wirtschaftsaufschwungs", der vom Export, der Fußball-WM und dem "Jahrhundertsommer" herrühre, sagte er. "Die Deutschen müssen sich von der Politik von Schwarz-Rot fühlen wie der Martini bei James Bond: Geschüttelt, aber nicht gerührt."

Die Linkspartei warf Merkel vor, in ihrer Bilanz des ersten Regierungsjahres die Entwicklung in den neuen Ländern ausgeklammert zu haben. In der Generalaussprache habe Merkel die Situation in Ostdeutschland mit keinem Wort erwähnt, kritisierte Fraktionschef Gregor Gysi. Mit Blick auf die Auslandseinsätze der Bundeswehr warf Gysi der großen Koalition vor, die psychischen Belastungen zurückkehrender Soldaten nicht zur Kenntnis zu nehmen. Die Aussage Merkels, deutsche Soldaten nicht im Süden Afghanistans einzusetzen, werde die Linkspartei sehr ernst nehmen.

AP · DPA · Reuters
DPA/AP/Reuters