Der Protest sollte friedlich sein: 20 Männer und Frauen drangen in das griechische Konsulat am belebten Berliner Wittenbergplatz ein und hissten ihre rot-schwarze Flagge sowie ein Banner, auf dem stand: "Alexandros Grigoropoulos, 15 Jahre alt, ermodert vom Staat." Sie wollten damit auf den "Staatsterror" in Griechenland aufmerksam machen.
Die Polizei hatte sich ebenfalls schon am Morgen vor dem Konsulat aufgestellt, nachdem ihr mitgeteilt worden war, dass Menschen in das Gebäude gedrungen waren. Polizeisprecher Michael Merkle: "Ich weiß nicht genau, wer die Polizei gerufen hat. Fest steht, dass wir im Moment keinen Grund haben, nach oben zu gehen. Es hat niemand einen Strafantrag gestellt." Doch da am Morgen niemand gewusst hatte, ob es sich um eine Besetzung oder einen Hausfriedenbruch handelte, waren etwa 120 Polizisten gerufen worden.
Polizei hält sich zurück
"Wir mussten die Angelegenheit ernst nehmen", so Merkle. "Es heißt, der Konsul spricht mit den Besetzern. Wir nehmen das jetzt als geduldet, weil er von uns keine Unterstützung verlangt hat. Wir sichern den äußeren Bereich. Das ist unsere Aufgabe." Somit kümmerten sich die Polizisten vor allem um die 60 bis 80 Demonstranten, die sich zum Mittag auf dem Platz vor dem Konsulat versammelt hatten, um ihre Solidarität zum Ausdruck zu bringen.
Immer wieder traten die vermummten Besetzer auf den Balkon und an die Fenster und riefen Parolen, die mit "Bullenschweine, Mörder" übersetzt werden können. Außerdem - und dabei wurden sie von den Demonstranten auf der Straße unterstützt: "Alexandros, das war Mord, Widerstand an jedem Ort." Unten riefen die Menschen weiter, oben wurden Flugblätter auf dem Fenster geworfen. Einmal per Hand, einmal mit Hilfe eines Ventilators. In dem Schreiben riefen die Besetzer zur Solidarität mit den "festgenommenen und verletzten Mitkämpfern in Griechenland" auf. Auf den Flugblättern erklärten sie außerdem ihre Aktion: "Heute, am 8.12.2008 besetzen wir das griechische Konsulat aus Protest gegen den griechischen Staat, der für den kaltblütigen Mord an Alexandros Grigoropoulos verantwortlich ist." Die Willkür und die Macht der Polizei wüchsen wie eine Welle, "wir stellen uns dagegen".
Aktion als politische Aussage
Auch auf der Straße verteilen einige Demonstranten diese Flugblätter. "Mir wurden die vorhin von irgendjemandem in die Hand gedrückt, erklärte eine junge Griechin, als sie von der Polizei aufgefordert wurde, ihre Personalien anzugeben. Während oben weiter mit dem Konsul verhandelt wurde, versammelten sich unten immer mehr Menschen. Unter ihnen auch der Vorsitzende der Griechischen Gemeinde in Berlin, Achilleas Lykos. Er nannte die Besetzung der griechischen Botschaft eine "spontane Veranstaltung von griechischen Studenten", die er noch nicht beurteilen könne, sie aber nicht unterstütze.
Diese Aussagen machten die junge Griechin, die kurz zuvor die Flugblätter verteilt hatte wütend: "Ich finde es eine Unverschämtheit, dass jetzt behauptet wird, in Griechenland sei alles gar nicht so schlimm. Und alle seien jetzt ein bisschen aufgeregt, und das würde sich wieder legen." Sie betonte, dass diese Aktion eine politische Aussage und Botschaft sei. "Wenn man immer nur seine Jugend niederknüppelt, sowohl mit seiner Gesetzgebung als auch tatsächlich durch seine Sicherheitskräfte, dann kann man nicht sagen, ach, das ist eine spontane, etwas aggressive Reaktion." Es würde einfach den politischen Ereignissen nicht gerecht. Die einzige Konsequenz sieht sie im Rücktritt der Regierung.

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Es war am Nachmittag, als die Demonstranten oben einige Male an die Fenster getreten waren, ihre Parolen verkündet und schließlich ihre Flagge wieder abgehängt hatten. Das Banner aber ließen sie hängen. Bis sie selbst aus dem Gebäude kamen, vergingen noch gute zwei Stunden. Achilleas Lykos erklärte sich das so: "Wahrscheinlich befürchten sie, verhaftet zu werden, wenn sie rauskommen."
Doch wie sich dann herausstellte, mussten sich die Besetzer vor Festnahmen nicht fürchten, denn der Konsul hatte keine Anzeige erstattet, sondern von Anfang an auf Verhandlungen gesetzt. Das Ende also kam genauso friedlich wie der Anfang. Keine Festnahmen, keine Konsequenzen. Das einzige, das die griechischen Besetzer erzwungen hatten, war Aufmerksamkeit.