Im Streit der Bundesregierung um das für 2013 geplante Betreuungsgeld beharren die Liberalen auf einem Gutscheinsystem. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper stellte sich grundsätzlich gegen die Barauszahlung der 150 Euro monatlich an Familien, die Kinder unter drei Jahren zu Hause betreuen. "Das kommt für die FDP nicht in Frage", sagte Pieper der "Frankfurter Rundschau". Unter Hinweis auf den Koalitionsvertrag bekräftigte sie ihren Vorschlag, alternativ zum Betreuungsgeld Gutscheine auszugeben.
Über Kanzlerin Angela Merkel sagte die Staatsministerin im Auswärtigen Amt: "Ich glaube, sie ist in dieser Frage Gefangene der CSU geworden." Als Ostdeutsche sollte die Kanzlerin um den Wert frühkindlicher Bildung in Krippen und Kitas wissen.
Auf dem Weg zur "Bildungsrepublik" müsse Deutschland möglichst früh "das Gold in den Köpfen heben", betonte Pieper in der Zeitung. Dazu seien vorschulische Bildungsangebote zu verstärken, nicht aber Sozialtransfers an die Familien. "Hier ist ein Umsteuern angesagt: Geld an die Familien mindert die Chancengerechtigkeit, schafft keine Anreize, etwaige Betreuungsangebote anzunehmen, und verstärkt somit soziale Selektion", so die FDP-Politikerin. Gutscheine würden überhaupt erst die Möglichkeit der Wahlfreiheit schaffen.
"Das hat mit meinem Menschenbild nichts zu tun"
Merkel hatte am Samstag auf dem Landesparteitag ihres CDU- Heimatverbandes in Mecklenburg-Vorpommern gesagt, Familien, die ihre Kinder zu Hause betreuten, müssten selbst darüber entscheiden dürfen, wie sie das Geld verwenden. "Wenn wir diese Diskussion anfangen, dass man Familien nicht mehr zutrauen kann, (...) damit etwas Vernünftiges zu machen - dann tun wir etwas, was mit meinem Menschenbild zumindest nichts zu tun hat." Dies war als Abrücken von früheren Aussagen zum Betreuungsgeld und Plädoyer für Barzahlung verstanden worden.
Am Montagabend ließ die Kanzlerin jedoch eine Festlegung in Sachen Betreuungsgeld bestreiten. Der Kurs sei unverändert, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm der "Süddeutschen Zeitung". Merkel habe auf dem Landesparteitag lediglich grundsätzlich auf die Frage geantwortet, ob der Staat Familien vorschreiben solle, wie sie mit staatlichen Leistungen umzugehen hätten. Diese Frage habe Merkel, bezogen auf das Kindergeld, mit Nein beantwortet. Dies ändere aber nichts an den Plänen, beim geplanten Betreuungsgeld Wege zu suchen, die es verhindern, dass das Geld nicht den Kindern zugute komme. Dazu kämen unter anderem Gutscheine in Betracht. Wilhelm verwies auch auf Äußerungen der Kanzlerin, dass eine Lösung so ausgestaltet sein müsse, "dass die Freiheit der Eltern gestärkt wird, ohne dass dabei die Bildungschancen für Kinder verloren gehen".
CDU, CSU und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, ab 2013 allen Eltern, die Kinder bis zu drei Jahren selbst betreuen, ein Betreuungsgeld in Höhe von monatlich 150 Euro zu zahlen. Für das bar gezahlte Betreuungsgeld macht sich vor allem die CSU stark. Vor allem die FDP, aber auch einige CDU-Politiker sind skeptisch, ob von einer Barzahlung in allen Fällen auch die Kinder profitieren.