Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat vor Kriegsgefahren in Europa gewarnt und dringt auf Tempo bei der Modernisierung der Bundeswehr. "Wir müssen uns wieder an den Gedanken gewöhnen, dass die Gefahr eines Krieges in Europa drohen könnte. Und das heißt: Wir müssen kriegstüchtig werden. Wir müssen wehrhaft sein. Und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen", sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt".
Sondervermögen zu großen Teilen verplant, sagt Boris Pistorius
Vorwürfe, die Modernisierung der Bundeswehr gehe zu langsam, ließ Pistorius nicht gelten. "Viel mehr Tempo geht gar nicht", sagte er. Zwei Drittel des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens seien bereits vertraglich gebunden. Produktion und Lieferungen bräuchten aber Zeit, räumte der Minister ein. Zugleich sei man dabei, Strukturen bei der Bundeswehr zu verändern.
Mit Hinweis auf die vergangenen 30 Jahre ohne Blockkonfrontation in Europa sagte der Minister: "Das alles lässt sich, was in 30 Jahren verbockt worden ist, sorry, wenn ich das so sage, und runtergewirtschaftet worden ist, nicht in 19 Monaten wieder einholen." In drei, vier oder fünf Jahren werde die Bundeswehr aber völlig anders aussehen. Zugleich betonte Pistorius, bereits heute sei die Bundeswehr eine der stärksten Streitkräfte innerhalb der Nato in Europa.
Auch Grüne forderten bessere Ausrüstung der Bundeswehr
Angesichts zunehmender gewaltsamer Konflikte in der Welt und Terrorgefahren in Deutschland forderten auch führende Politiker der Grünen mehr Geld und eine bessere Ausrüstung von Bundeswehr und Polizei. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mahnte eine rechtzeitige Debatte über die Finanzierung der Bundeswehr nach Auslaufen des 100 Milliarden Euro umfassenden Sondervermögens an. Grünen-Parteichef Omid Nouripour verlangte, die Sicherheitsbehörden in Deutschland zu stärken.
Die Bundesregierung hatte das Sondervermögen für die Bundeswehr nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine aufgelegt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte dies mit dem Begriff "Zeitenwende" verbunden und zugesagt, dass Deutschland ab sofort zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung investiert.
Boris Pistorius, der Mann mit Bock auf den Bendlerblock

"Wenn wir die Zeitenwende ernst nehmen, muss Deutschland für seine Sicherheit mehr tun. Dafür werden wir für die Bundeswehr viel Geld brauchen", sagte Vizekanzler Habeck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Aber das Sondervermögen wird in nicht allzu langer Zeit aufgezehrt sein – was dann?", fragte der Grünen-Politiker. Als möglichen Ausweg hält er die Aufnahme von Krediten über den bisher zulässigen Rahmen hinaus für denkbar. "Die Schuldenbremse hat gute Gründe und sie gilt für die Arbeit dieser Koalition", machte Habeck deutlich. "Aber wir sollten über den Tag hinaus denken und überlegen, ob die politischen Regeln, die wir uns gegeben haben, unverändert zu den veränderten Zeiten passen."

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