"Ich möchte eine solidarische Gesellschaft, wo auch diejenigen, die über Gesundheitsreformen entscheiden, selbst betroffen sind. (...) Wir haben etwa ein Viertel der Bevölkerung, das nicht zwingend zur Solidarität in Deutschland beitragen muss. Jetzt rede ich nicht über andere, sondern: Warum muss ein Horst Seehofer nicht zwingend zur Solidargemeinschaft beitragen? Und dieses müssen wir beenden." Das sagte der Unions-Verhandlungsführer bei den Konsensgesprächen zur Gesundheitsreform, Horst Seehofer, am Montagabend im Bayerischen Fernsehen zum Parteien-Kompromiss und zu seinen Plänen für eine Bürgerversicherung. Er machte damit auch klar, dass die Idee einer Bürgerversicherung für ihn noch lange nicht vom Tisch ist.
"Innerhalb der Union eine Minderheitenposition"
Schon vor den Verhandlungen zur Gesundheitsreform zwischen Union und SPD hatte er eine Bürgerversicherung, die alle Berufsstände umfasst, ins Gespräch gebracht und war daraufhin von seiner Partei scharf zurückgepfiffen worden. Nicht anders jetzt. Nach Worten von CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer steht die Mehrheit der Union der viel diskutierten Einführung einer Bürgerversicherung ablehnend gegenüber. "Die Bürgerversicherung ist innerhalb der Union eine absolute Minderheitenposition", sagte Meyer im Deutschlandfunk und vertiefte damit den Graben zu Seehofer.
Auch CSU-Chef Stoiber distanzierte sich von den Überlegungen zu einer Bürgerversicherung. Für viele scheine sich dahinter die Erwartung zu verbergen, dass man damit "alle Probleme leicht löst". Dies sei aber nicht möglich. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, Peter Rauen, wies die Bürgerversicherung als "Planwirtschaft pur" zurück.
Gesundheitsreform wird langsam zerredet
Auch aus einer anderen Richtung bläst Seehofer der Wind ins Gesicht: Nach der massiven Kritik an der geplanten Gesundheitsreform in den vergangenen Tagen befürchtet er ein Scheitern des Kompromisses mit der Regierung. "Wir stehen uneingeschränkt zu dem Kompromiss. Aber wenn nun Partei- und Fraktionsführungen anfangen, diesen wieder in Frage zu stellen, ist das ein gefährliches Spiel", warnte der CSU-Politiker im 'Münchner Merkur'. Seehofer bezog sich unter anderem auf SPD-Fraktionschef Franz Müntefering, der am Wochenende die Ausgliederung des Zahnersatzes aus dem Leistungskatalog der Kassen mit den Worten kritisiert hatte: "Die Zahnlücken sind die von Frau Merkel. Das sind nicht unsere!"
Die Spitzen von SPD und Union versuchten bereits, die Kritiker aus den eigenen Reihen in die Schranken zu weisen. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber riefen am Montag dazu auf, zunächst einmal die anstehende Gesundheitsreform in die Tat umzusetzen und erst dann über weiter reichende Reformschritte zu reden.