CDU/CSU-Gesundheitspolitik "Es kann keinen Kompromiss geben"

Friedrich Merz findet harte Worte für den Streit zwischen CDU und CSU über eine gemeinsame Gesundheitspolitk: "Zwischen beiden Positionen kann es keinen Kompromiss geben", sagte er.

Alles andere als rosig beurteilt Friedrich Merz die Aussichten in der CDU/CSU-Debatte über eine gemeinsame Gesundheitspolitik: "Zwischen beiden Positionen kann es keinen Kompromiss geben", sagte der CDU-Abgeordnete der Tageszeitung "Die Welt".

Merz forderte, die Union müsse sich klar entscheiden: "Ein Mischsystem funktioniert nicht." Die CDU wolle die Beiträge zur Krankenversicherung vom Einkommen unabhängig machen und einen sozialen Ausgleich ausschließlich aus Steuermitteln finanzieren. "Das ist der Beschluss vom Leipziger Parteitag, und das ist das, was am Ende im Gesetzblatt stehen muss." Sollte das Wirtschaftswachstum die notwendigen zehn Milliarden Euro nicht erbringen, könnten die indirekten Steuern erhöht werden.

Seehofer befürchtet "Umverteilung von unten nach oben"

Die CSU und allen voran ihr Gesundheitsexperte Horst Seehofer lehnen das CDU-Modell strikt ab. Weil der Solidarausgleich nicht zu finanzieren sei, führe es zu einer gewaltigen "Umverteilung von unten nach oben", wie er der "Sächsischen Zeitung" sagte. Die Steuern, so der CSU-Bundestagsabgeordnete, müssten "gewaltig erhöht" werden. Deshalb müsse das bestehende System fortgeschrieben werden. Ebenfalls scheine aber auch der Vorschlag des Wirtschaftssachverständigen Bert Rürup denkbar, eine Kopfpauschale durch einen Steuerzuschlag für Besserverdienende zu ergänzen.

Auch CSU-Landesgruppenchef Michael Glos forderte "eine soziale Lösung. Schwächere dürfen nicht auf der Strecke bleiben", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Zugleich kritisierte er das Drängen der Schwesterpartei auf eine rasche Einigung: "Ich verstehe den Druck nicht, denn wir haben bis Ende des Jahres Zeit." Die Kritik der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel am Erscheinungsbild der Union treffe die CSU nicht: "Wir unterliegen als CSU keinerlei Restriktion und sind eine eigenständige Partei."

Bis zur Wahl 2006 solle das Programm stehen

CSU-Generalsekretär Markus Söder sagte im NDR, entscheidend sei, dass die Union bis zur Bundestagswahl 2006 ein klares, seriös gerechnetes Regierungsprogramm vorlegen könne. Das erfordere noch "harte Arbeit". Bei der Krankenversicherung sei "eine gestaffelte Prämie" denkbar, sagte Söder und lobte die Vorschläge des nordrhein-westfälischen CDU-Chefs Jürgen Rüttgers. Neben dem ökonomischen Aspekt der Entkoppelung der Gesundheits- von den Lohnkosten müsse auch der soziale Aspekt eine Rolle spielen.

Merkel hatte die eigenen Reihen am Wochenende ermahnt, es fehle an Geschlossenheit und konzeptioneller Klarheit bei der Darstellung von CDU/CSU als Alternative zur Bundesregierung. Dem hatte Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) widersprochen. Er erklärte, er sei mit der Reformdiskussion in den Reihen der Union sehr zufrieden.

Derweil machte sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Olaf Scholz für einen pragmatischen Weg zur Bürgerversicherung im Gesundheitswesen stark. Private Krankenversicherer könnten ihren Kopfbeitrag und gesetzliche Kassen ihre einkommensabhängigen Beiträge beibehalten und trotzdem zu einer "integrierten Bürgerversicherung" zusammenwachsen, wenn der Gesetzgeber neue Regeln erlassen würde, schreibt Scholz in einem Gastbeitrag in der Wochenzeitung "Die Zeit".

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Scholz für Mindestschutz auch für privat Versicherte

Erstens müssten private Versicherer dann jeden Antragsteller akzeptieren, und jeder Bürger müsste sich gegen Krankheit versichern. Zweitens dürften die Versicherer die Beiträge dann nicht mehr nach Risikomerkmalen der einzelnen Mitglieder differenzieren. Drittens "wäre auch für die privat Versicherten ein Mindestschutz vorzuschreiben". Scholz denkt laut dem Artikel zudem daran, bei den privaten Versicherungen "ein Pendant für den einkommensbezogenen Risikostrukturausgleich bei den Krankenkassen" zu etablieren. Der reinen Kopfpauschale erteilt Scholz eine Absage, weil sie für viele Bürger zu hoch ausfallen würde.

AP · DPA
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