Der gesuchte Terrorverdächtige ist der Polizei in Chemnitz nur knapp entkommen. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen sei der 22-jährige Syrer Jaber A. kurz vor dem Zugriff der Ermittler geflohen. Zuerst hatte darüber "Spiegel Online" berichtet. Nach Informationen von "Spiegel Online" habe die Polizei am Samstagmorgen kurze Zeit nach Beginn der Beobachtung der Wohnung des Syrers dessen Flucht bemerkt und einen Warnschuss abgeben. Das gehe aus einem vertraulichen Lagebericht des Landeskriminalamtes hervor. Ein LKA-Sprecher habe das "Spiegel Online" bestätigt. Unklar sei, ob der Verdächtige zufällig das Haus verließ oder ob er die beginnende Aktion bemerkt hatte. Die Polizei in Sachsen wollte den Bericht zunächst nicht kommentieren.
Unterdessen sind zwei von drei unter Terrorverdacht Personen wieder freigelassen worden. Der dritte Verdächtige, ebenfalls ein Syrer, soll ein Mittäter von Jaber A. sein. Bei ihm handelt es sich um den Mieter der Wohnung. Derzeit prüft ein Richter, ob ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt wird. Das twitterte die Polizei Sachsen am Sonntagvormittag.
Dutzende Hinweise aus der Bevölkerung
Bei der Fahndung nach dem Hauptverdächtigen hat die Polizei die Bevölkerung um Mithilfe gebeten. Nach dem Öffentlichkeitsaufruf sind bisher mehr als 80 ernstzunehmende Hinweise eingegangen.
Es ist weiterhin unklar, ob der Mann mit möglichen Kontakten zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) eine Waffe oder Sprengstoff bei sich trägt. Der Hauptbahnhof in Chemnitz war am Samstag vorübergehend gesperrt worden. Auch an den beiden Berliner Flughäfen Tegel und Schönefeld wurden am Abend die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.
Die Polizei Sachsen hatte am Samstagnachmittag nach stundenlanger vergeblicher Suche auf Twitter mitgeteilt: "Die Fahndung nach dem Tatverdächtigen läuft. Derzeit wissen wir aber nicht, wo er sich befindet und was er bei sich trägt. Seid vorsichtig." Auch im 260 Kilometer entfernten Berlin gingen Polizisten mit dem Fahndungsbild des Syrers auf Streife.
Polizei twittert: "Seid vorsichtig!"
Bei einer Anti-Terror-Razzia hatten Polizisten in Chemnitz mehrere hundert Gramm hochexplosiver Sprengstoff in einer Wohnung gefunden. Dort hatte sich zuvor der Gesuchte aufgehalten. "Wir hoffen, es ist ein Großteil dessen, was er haben könnte", sagte der LKA-Sprecher. Das Umfeld im betroffenen Fritz-Heckert-Wohnviertel werde weiter untersucht. "Der Einsatz wird noch eine Zeit dauern." In der Nacht konnte zumindest ein Teil der Anwohner zurück in die eigenen Wohnungen.

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Sachsens Innenminister Markus Ulbig dankte am Sonntagmorgen den Einsatzkräften für deren "schnelles und besonnenes Handeln in dieser brisanten Situation". "Die Gefahr für die Bevölkerung vor Ort konnte damit gebannt werden. Zusammen mit anderen Sicherheitsbehörden fahnden wir nun unter Hochdruck nach dem flüchtigen Terrorverdächtigen", sagte der CDU-Politiker.
In diesem Jahr waren bereits mehrfach Pläne für mutmaßliche Sprengstoffanschläge in Deutschland vereitelt worden. Im Februar kam die Polizei einer Gruppe auf die Schliche, die womöglich ein Sprengstoffexplosion in Berlin beabsichtigte. Im Juni nahm die Polizei drei mutmaßliche IS-Anhänger fest, die es auf die Düsseldorfer Altstadt abgesehen haben sollen. Zuletzt flog im September ein 16-jähriger Flüchtling aus Syrien in Köln auf. Nach Angaben der Ermittler hatte er einen Sprengstoffanschlag geplant und von einem Chatpartner im Ausland Anweisungen zum Bombenbau erhalten.