Herr Dobrindt uum ersten Mal seit 1928 ist die Zahl der Arbeitslosen im März gestiegen. Massive Zuwächse bei der Kurzarbeit kommen hinzu. Besonders betroffen sind Bayern und Baden-Württemberg. Muss das Sie nicht besonders beunruhigen? Viel Kurzarbeit produziert am Ende meist viele Arbeitslose.
Die Situation ist in der Tat tief beunruhigend. Das ist im Augenblick wie bei einem Autorennen. Man muss Gas wegnehmen, muss bremsen - aber entscheidend ist, das muss alles so geschehen, dass man als Erster wieder aus der Kurve herauskommt. Daher muss die Bundesregierung in den nächsten Monaten zusätzliche Maßnahmen zur Bewältigung der Krise zu entwickeln.
Zusätzliche Maßnahmen klingt gut. Aber fordert auch die CSU eine Verlängerung des Kurzarbeitergeldes von 18 auf 24 Monate, wie dies andere schon tun?
Das macht Sinn, wenn wir gleichzeitig dafür sorgen, dass in dieser Zeit zugleich eine Qualifizierung der Mitarbeiter stattfindet. Dann können sie nach der Krise besser qualifiziert wieder voll einsteigen. Das unterstützt die CSU.
Auffallend ist, dass die Krise massiv zuschlägt bei den Premium-Auto-Bauern, die vor allem in Baden-Württemberg mit Daimler und Bayern mit BMW und Audi zuhause sind. Was sagen Sie zu den radikalen Maßnahmen, die soeben Daimler verhängt hat: Noch mehr Kurzarbeiter, weniger Arbeitszeit pro Woche ohne Lohnausgleich, keine Ergebnisbeteiligung mehr. 140.000 Daimler-Mitarbeiter sind betroffen.
Das ist alarmierend. Zum Glück ließen sich derartige Einschnitte bisher bei Audi und BMW vermeiden. Beide sind kerngesunde Unternehmen, die noch immer beste Voraussetzungen haben, unbeschadet durch die Krise zu kommen. Aber auch sie brauchen Unterstützung wie zum Beispiel durch die Abwrackprämie, wie der Bund sie gewährt. Denn es geht ja nicht nur um die Premium-Hersteller, sondern vor allem um die große Zulieferindustrie, die im Mittelstand angesiedelt ist. Die Autobauer Daimler, BMW und Audi tragen eine hohe Verantwortung nicht nur für ihre eigenen Mitarbeiter, sondern auch für diese Zuliefererindustrie. Hier ist langfristiges, strategisches Denken notwendig: Denn nach der Krise wird es weltweit einen gewaltigen Nachholbedarf an Autos geben. Deshalb müssen die Firmen ihre Fachkräfte unbedingt behalten und die Zulieferindustrie in Deutschland erhalten. Ohne diese Aktion lässt sich der gute Ruf mit "Made in Germany" nicht sichern, den die deutschen Autobauer weltweit genießen. Da muss sich die Autoindustrie an den runden Tisch setzen und überlegen, wie man die Zulieferer unterstützen kann.
Die Daimler-Spitzenmanager halbieren ihre Millionen-Einkünfte um die Hälfte. Auch bei BMW denkbar?
In erster Linie erwarte ich von den Managern, und zwar von allen, dass sie ihrer Pflicht nachkommen, Vorbild zu sein. Das heißt, dass sie sich mehr um die Mitarbeiter und Zulieferer sorgen als um ihre eigenen Einkommen. Die Topmanager bei BMW und Audi sind sich dieser Pflicht sehr bewusst. Sie achten darauf, sich in der Krise anständig und verantwortungsvoll zu verhalten.
Ist Ihnen klar, dass bei BMW und Audi wie beim Daimler ein überaus wichtiger Absatzmarkt zusammen gebrochen ist - nämlich der Verkauf an die Firmenangehörigen. Könnte man den nicht mit Steuervorteilen ankurbeln so wie mit der Abwrackprämie bei den Herstellern kleinerer Autos?
Da stehen die Unternehmen an erster Stelle in der Pflicht. Wenn der Nachlass für die eigenen Werksangehörigen nicht mehr attraktiv ist, müssen sie in erster Linie selbst nachbessern.

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Die Abwrackprämie ist bis Jahresende verlängert worden. Doch die Premium-Klasse hat nichts davon, denn die meisten ihrer Modelle sind gehobene Preisklasse. Opel profitiert glänzend. Wie erklären Sie das den BMW-Arbeitern?
Die Abwrackprämie nutzt auch BMW und Audi. Und den Zulieferern ebenso, denn zum Beispiel in jedem französischen Auto stecken auch deutsche Bestandteile.
Um die Rettung von Opel findet gerade eine Art Wettlauf der Großen Koalition statt. Kanzlerin Merkel war da und versprach Hilfe. Der SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier ist für eine staatliche Beteiligung am Projekt Opel-Europa. Die CSU ist scharf dagegen. Bleibt die CSU dabei, dass es auf gar keinen Fall einen Anteilseigner Staat bei Opel geben darf?
Der Staat darf auf keinen Fall als Anteilseigner bei Opel einsteigen. Das entscheidet auch nicht Herr Steinmeier, sondern die Große Koalition insgesamt. Die Diskussion zeigt, dass es bei der Bundestagswahl entscheidend um das zukünftige deutsche Wirtschaftssystem geht. Setzt sich Steinmeier in der SPD durch, dann muss der Staat künftig doch bei allen Unternehmen einsteigen, die in Schwierigkeiten sind. Gerhard Schröder hat bei der Firma Holzmann ja vorgeführt, wie dieser Staatskapitalismus endet: Steuergelder und Arbeitsplätze sind am Ende futsch. Der falsche Weg der SPD führt nicht aus der Krise, sondern ins völlige Desaster. Wir unterstützen Opel, wo hervorragende Mitarbeiter erstklassige Autos bauen, wenn es ein tragfähiges Konzept gibt, das das Überleben des Unternehmens sicherstellt.
Was stört Sie an dem Steinmeier-Konzept, das vorsieht, dass 50 Prozent minus eine Aktie bei GM bleiben, dass Bund, Länder, Händler und Belegschaft 50 Prozent plus eine Aktie übernehmen.
Die deutsche Geschichte zeigt eindruckvoll, dass der Staatskapitalismus à la SPD genau so zum Scheitern verurteilt ist wie der hemmungslose Spekulationskapitalismus in den USA. Man muss einen privaten Investor finden. Dabei sind auch die deutschen Autokonzerne in der Verantwortung. Die Premium-Hersteller müssten sich fragen, ob man nicht besser aufgestellt ist, wenn nach der Krise der Ansturm auf dem Automarkt kommt, man einen Massenhersteller im Portfolio hat. Mit Opel hätten die deutschen Hersteller eine große Chance, ein erstklassiges Produkt an ihre Seite zu holen. Das wird aus meiner Sicht bisher zu wenig bedacht.
Sie reden ja staatstragender als der Berliner SPD-Finanzminister Thilo Sarazin. Der sagt: der Einstieg des Staates bei Opel ist Unsinn. Man kann ja auch ein anderes Auto kaufen als einen Opel.
Das ist totaler Quatsch. In dieser Krise müsste er ein klein wenig mehr Solidarität mit jenen beweisen, die ohne eigenes Verschulden in der globalen Wirtschaftskrise in Not gekommen sind. Der Staat hat die Verantwortung mit Bürgschaften oder Krediten zu helfen wenn das Unternehmen eine echte Zukunft hat. Das müsste auch der SPD-Mann Sarazin einsehen können.
Es gibt CDU-Ministerpräsidenten, die sich eine direkte Staatsbeteiligung bei Opel sehr gut vorstellen können. Steht der CSU-Chef Horst Seehofer in dieser Frage unumkehrbar bei jenen, die dazu Nein sagen? Er ändert ja neuerdings gerne seine Meinung.
Er steht für Bürgschaften und Staatskredite für Unternehmen, die wegen der Wirtschaftskrise in Not geraten sind und ein zukunftsfähiges Konzept vorlegen können. Er ist auf keinen Fall zu staatlicher Beteiligung etwa bei Opel bereit.
Sie sind also bereit, aus ökonomischen Gründen auch ein Scheitern der Opel-Rettung einzukalkulieren, auch wenn dadurch die Wahlchancen der CDU/CSU vermindert würden?
Wir dürfen in den nächsten Monaten doch nicht immer nur an den Wahlkampf denken, wie dies die SPD derzeit völlig unverantwortlich tut. Die Monate vor Wahlen dürfen doch keine gedankenfreie Zeit werden, in der Inhalte nur danach bewertet werden, wie wahlkampfkompatibel sie sind. Die SPD begeht damit einen unverantwortlichen Fehler, dass sie immer bei allen Entscheidungen nur die vermeidliche Unterstützung für ihren taumelnden Kanzlerkandidaten in den Vordergrund stellt. Politik muss vielmehr darüber nachdenken, wie ein Krisenbewältigungskonzept aussehen könnte. Das werden wir am Wochenende auf der CSU-Klausursitzung in Kloster Banz tun.
Beschließen Sie dort ein drittes Konjunkturprogramm?
Wir beschließen ein umfassendes Steuerkonzept, das Teil eines Krisenbewältigungsprogramms werden soll.
Vermutlich werden Sie mal wieder fordern, dass in der Gastronomie die Mehrwertsteuer gesenkt werden soll.
(Lacht)Sie unterschätzen die CSU sehr.