Bei deutschen Politikern wächst über die Parteigrenzen hinweg der Unmut über die amerikanische Außenpolitik. FDP-Chef Guido Westerwelle forderte die Bundesregierung auf, europäischen Widerstand gegen mögliche neue Kriegspläne der US-Regierung zu organisieren. Die Fraktionsführung der Grünen verteidigte die Kritik von Außenminister Joschka Fischer an der amerikanischen Politik. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) kritisierte, Deutschland werde im Bündnis gegen den Terror als Leichtgewicht angesehen.
»Große Gefahren im NATO-Bündnis«
Westerwelle sagte der in Hannover erscheinenden »Neuen Presse« (Montagausgabe), Europa müsse eine geschlossene Haltung zeigen. Er schätze die USA, »aber wenn der US-Präsident mal eben drei Staaten zum öffentlichen Angriffsziel erklärt, muss dieses den Widerspruch der Europäer finden, weil dieser Alleingang große Gefahren im NATO-Bündnis schafft«. Die Amerikaner müssten wissen, »dass wir mit ihnen reden und nicht nur nachvollziehen wollen, was sich die US-Administration ausdenkt«, erklärte der FDP-Bundesvorsitzende.
Der Grünen-Fraktionschef Rezzo Schlauch wies die Kritik von Unions-Fraktionschef Friedrich Merz zurück, der Fischer
Missbrauch der Außenpolitik zu Wahlkampfzwecken und Einmischung in innere Angelegenheiten der USA vorgeworfen hatte. »In der Außenpolitik muss man eine abgewogene Position einnehmen und nicht der Speichelleckerei verfallen«, sagte er der »Süddeutschen Zeitung« (Montagausgabe). Seine Amtskollegin Kerstin Müller erklärte, Kritik an den USA habe nichts mit Anti-Amerikanismus zu tun. Natürlich dürfe man sich auch zu Rüstungsausgaben äußern, schließlich hätten die USA umgekehrt auch kritisiert, der deutsche Verteidigungsetat sei zu niedrig.
»Keine Befehlsempfänger von Herrn Bush«
Der CDU-Fraktionschef im saarländischen Landtag, Peter Hans, sagte der »Saarbrücker Zeitung« (Montagausgabe), im Moment würden die deutschen Politiker in den USA als »Leichtmatrosen betrachtet (...), auf deren Rat man nicht zu hören braucht«. Die CDU-Europaabgeordnete Doris Pack erklärte, der Treueschwur nach dem 11. September dürfe nicht dazu führen, »dass alle Äußerungen, die von Amerika getroffen werden, einfach so angenommen werden«. Der Vorsitzende der saarländischen SPD, Heiko Maas, kritisierte, die Verbündeten der USA seien bei aller Gesprächsbereitschaft »nicht die Befehlsempfänger von Herrn Bush«.