Personal des Präsidenten Nach Tulsa-Fiasko: Auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner auf der Kippe

Das Fiasko von Tulsa droht Folgen zu haben: Sowohl Wahlkampfmanager Brad Parscale als auch Kampagnen-Leiter Jared Kushner stehen wohl vor dem Aus. Unterdessen verliert Donald Trumps Administration einen weiteren wichtigen Berater.

Das Jacket offen, die Krawatte ungebunden um den Hals, die "Make America Great Again"-Kappe zerknittert in der Hand, der Blick leer, müde und verärgert: Leicht derangiert kehrte US-Präsident Donald Trump in der Nacht zum Sonntag von seinem durch eine Social-Media-Kampagne sabotierten Wahlkampf-Auftritt in Tulsa, Oklahoma zurück. Wenige Stunden zuvor soll er angesichts der halbleeren Ränge so außer sich gewesen sein, dass er fast nicht auf die Bühne gegangen wäre, berichtet der innenpolitische Korrespondent der "Vanity Fair", Gabriel Sherman, unter Berufung auf das direkte Umfeld des Präsidenten. Zweifellos sei die Suche nach einem Sündenbock nun im Gange, heißt es in dem Bericht weiter.

Das Fiasko von Tulsa dürfte ein weiteres Mal dazu führen, dass Amtsträger oder Berater aus dem direkten Umfeld Trumps ihren Hut nehmen müssen. So denke Trumps Wahlkampfmanager Brad Parscale über seinen Rücktritt nach - wohl um seinem Rausschmiss zuvorzukommen. Selbst Trumps Schwiegersohn Jared Kushner steht angeblich als Oberaufseher des Wahlkampfs auf der Abschussliste. Zu allem Überfluss kündigt just in dieser Situation auch noch der wichtige Wirtschaftsberater Kevin Hassett seinen Abschied an - nicht ohne beunruhigende Äußerungen.

Schlips offen, Kappe zerknittert: Donald Trump kehrt derangiert aus Tulsa zurück
Gilt in den USA schon als "ikonisches Bild": US-Präsident Donald Trump derangiert bei seiner Rückkehr vom misslungenen Wahlkampf-Auftritt in Tulsa in Washington.
© Patrick Semansky / AP / DPA

Donald Trump: Unzufrieden mit Jared Kushner

Das prominenteste Opfer der nächsten Personal-Rochade rund um den US-Präsidenten droht aber Kushner zu werden. Der Ehemann von Ivanka Trump hält im Auftrag seines Schwiegervaters derzeit die Fäden im Wahlkampf zusammen. Das aber alles andere als zur Zufriedenheit Trumps. Wie es in den Berichten heißt, denke Trump darüber nach, Kushner die Wahlkampf-Kontrolle wieder zu entziehen - nicht zuletzt wegen einer Vielzahl von Umfragen, die Trumps designierten demokratischen Herausforderer Joe Biden vorne sehen. Wie "Vanity Fair" weiter berichtet, gibt es auch Streit über die Kosten der Kampagne. Vor allem ein angebliches Millionensalär von Wahlkampfmanager Parscale sei Trump ein Dorn im Auge. "Hat Jared das erlaubt?", habe Trump erst kürzlich einen Berater gefragt.

Die Pleite in Tulsa dürfte dem Präsidenten nun die Gelegenheit bieten, sich beider zu entledigen. Auch wenn dies aus dem Wahlkampfteam noch dementiert werde, wisse Parscale, dass er keine Chance mehr habe, im Amt zu bleiben. Dafür sei die Blamage vom Samstag einfach zu groß gewesen, schreibt Sherman. Der Manager habe sich wegen der Tulsa-Katastrophe "wirklich ins Hemd gemacht". Schließlich mache es 95 Prozent der Politik des Präsidenten aus, Leute rauszuschmeißen. "Er weiß, dass er nicht überleben kann", zitiert der Korrespondent jemanden aus dem Wahlkampfteam. Als Nachfolger soll Trump, so verlautet aus dessen Umfeld weiter, erfolgreiche Wahlkämpfer von 2016 ins Auge gefasst haben, die Kushner aus dem engeren Kreis verdrängt haben soll. Auf "Jareds dumme Meinungsverschiedenheiten" will Trump angeblich keine Rücksicht mehr nehmen.

Trump verliert weitere wichtige Stimme

Während Trump Parscale angesichts dieser Umstände kaum als Verlust empfinden dürfte, könnte dies im Fall von Kevin Hassett anders aussehen. Der Top-Ökonom und frühere Chef des Rates der Wirtschaftsberater hat seinen Abschied aus der Administration nach nur drei Monaten im Amt verkündet. Hassett gilt nicht nur als fachlich kompetent, sondern auch als Stimme, die den Präsidenten in TV-Auftritten verteidigen kann. Allerdings musste sich auch Hassett massive Kritik gefallen lassen, als er vergangenen Monat eine Tabelle veröffentlichte, in der die Zahl der Corona-Toten in den USA bis Mitte Mai auf Null gesunken wäre - was offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Bis heute steigt die Zahl der Todesopfer durch Covid-19 in den USA täglich um durchschnittlich 800 an. Laut Johns-Hopkins-Universität sind bisher mehr als 120.000 Menschen an dem Virus gestorben - so viele wie in keinem anderen Land.

In einem Interview mit der "Washington Post" machte Hassett nun deutlich, welche Situation er im Weißen Haus vorgefunden habe, als er im Frühjahr wegen der Folgen der Corona-Pandemie ein zweites Mal eine Aufgabe übernahm. Niemand habe einen Überblick gehabt, niemand habe gewusst, wie viel Beatmungsplätze es in den Krankenhäusern gab und wie viele nötig sein würden, so Hassett. Er habe erst einmal die Wirtschafts- und die Gesundheitsabteilungen im Weißen Haus in Kontakt gebracht. "Sie brauchten zusätzliche Hilfe", wird Hassett zitiert. Inzwischen funktioniere alles "so normal wie möglich".

Wirtschaftsberater Hassett: "Jeder sollte besorgt sein"

Für die US-Wirtschaft in Corona-Zeiten sieht der Ökonom aber schwarz. "Ich denke, jeder sollte sich Sorgen machen, wie sich alles am Ende entwickeln wird, denn das ist ein Schock, wie wir ihn noch nie erlebt haben", zitiert die "Post" Hassett. Erschwerend hinzu kommt, dass nach Einschätzung auch anderer Wirtschaftsberater, die dem Weißen Haus den Rücken kehrten, die Trump-Regierung nicht über genügend ökonomische Expertise verfügt, um eine Wirtschaftskrise erfolgreich zu bewältigen.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Seit Beginn seiner Präsidentschaft hat Donald Trump eine Hire-and-Fire-Mentalität im Weißen Haus und in den US-Institutionen etabliert. Erst am Sonntag schasste seine Administration den New Yorker Bundesanwalt Geoffrey Berman. Das Gesundheitsteam des Weißen Hauses feuerte er just zu Beginn der Corona-Pandemie in den USA und bis auf Vizepräsident Mike Pence ist niemand aus dem engen Kreis von 2016 noch an Trumps Seite.