Ein unausweichliches Gespräch Wenn Schavan auf Merkel trifft...

  • von Christian Bartlau
  • und Hans Peter Schütz
Noch ist Annette Schavan Bildungsministerin; vielleicht nur weil sie auf Reisen ist?! Bald schon wird sie die Kanzlerin treffen müssen. stern.de ahnt, wie das Gespräch wohl ablaufen wird.

Freitag, 22 Uhr, Bundeskanzleramt. Es schneit, draußen zieht Ulrich Deppendorf seinen Schal enger. An der Tür der Kanzlerin klopft es, Annette Schavan tritt ein.

Schavan:

Hui, ist das kalt hier. Also in Südafrika …

Merkel:

Jaja, Annette, deine Fotos kannst du mir später zeigen. Wir haben Wichtigeres zu tun.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

Das Wichtigste aus der Bundespolitik auf einen Blick

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Schavan:

Angela, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie schlecht es mir geht. Ständig rufen Leute aus meinem Wahlkreis an. In Ulm giltst du den Leuten ohne Doktorle vor dem Namen doch nur als halber Mensch.

Merkel (piekst versonnen mit einer Nadel in eine Hollande-Puppe):

Dabei konnten die dich schon mit Doktor-Titel nicht leiden.

Schavan (seufzt):

Nur weil ich damals gegen Oettinger um den Parteivorsitz und ums Amt des Ministerpräsidenten gekämpft habe, als Erwin Teufel zurückgetreten war. Die hassen mich, weil ich eine Frau aus Nordrhein-Westfalen bin, und ihre Sprache nicht spreche, obwohl ich im Ländle Bildungsministerin war.

Merkel (legt die Puppe weg):

Stimmt das: Du sprichst kein Wort Schwäbisch?

Schavan:

Ich hab extra den Satz auswendig gelernt: Mei Doktorle isch weg, heilix Blechle.

Merkel (fummelt an ihrem Hosenanzug): Oh, eine SMS vom Horst Seehofer. Will wissen, ob ich mich schon "um diese Person" gekümmert habe.

Schavan (lächelt versonnen):

Weißt du noch, wie wir beide gegrinst haben, als du mir die Nachricht von Guttenbergs Rücktritt gezeigt hast? Ihr großer Hoffnungsträger, die große Chance der CSU, dich als Kanzlerin zu kippen. Das war und ist doch ihr politisches Lebensziel!

Merkel (springt auf):

Lenk nicht ab, Annette. Wenn es nur die CSU wäre ... niemand unterstützt dich. Nicht einmal der Kauder. Und der kommt aus Baden-Württemberg.

Schavan

: Der glaubt immer noch, dass wir mit mir nie wieder an die Macht kommen im Ländle, hm? Glaubt wohl, ich schade der CDU? Angela, alle sind so gemein … und du, hältst du wenigstens noch zu mir?

Merkel (tippt eine SMS):

Ich habe doch gesagt, dass wir diese Affäre in einem "geordneten Verfahren" zu Ende bringen.

Schavan:

Was heißt das denn?

Merkel:

Dass ich erst mit dir spreche, ehe ich entscheide, ob du Ministerin bleiben kannst.

Schavan:

Suchst du wirklich schon nach einem Nachfolger? Was da für Namen rumgeistern - David McAllister, dieser Wahlverlierer. Sogar Michael Kretschmer. Was soll denn das?

Merkel (wird laut):

Ihr erwartet doch alle von mir, dass ich die Macht verteidige. Im Willy-Brandt-Haus kommen sie doch aus dem Feiern nicht mehr raus. Neben dir sieht Peer Steinbrück aus wie ein Ehrenmann.

Schavan: Aber wenn ich meinen Titel wiederbekomme? Ich habe gute Anwälte, die haben sogar schon den Christian Wulff …

Merkel (räuspert sich):

Schavan:

… jedenfalls haben wir gute Argumente. Das war doch kein redliches Verfahren!

Merkel:

Und dieses Gutachten, das exakt das Gegenteil behauptet?

Schavan:

Wir beauftragen noch einen externen Gutachter.

Merkel:

Wie lange soll das eigentlich alles dauern? Die Koch-Mehrin hat ihren Titel doch auch immer noch nicht zurück, oder?

Schavan:

Es kann sich schon ein paar Monate …

Merkel (holt eine Urkunde aus der Schublade):

Bei der Koch-Mehrin sind es schon zwei Jahre, Annette, zwei Jahre! Und bei dir dauert das doch auch mindestens ein halbes Jahr. Bis zum Bundestagswahlkampf wächst da nie und nimmer Gras drüber! Und überhaupt, hat es schonmal jemand geschafft, sich den Titel zurückzuholen?

Schavan:

Also mir fällt da jetzt keiner ein, aber bestimmt … immerhin sind zehn Prozent aller Klagen vor Verwaltungsgerichten erfolgreich.

Merkel:

Zehn Prozent, sagst du?

Schavan:

Mach dir keine Sorgen, Angela.

Merkel (unterschreibt die Urkunde):

Für Sie immer noch Frau Dr. Merkel.

Schavan:

Schön, dass du volles Vertrauen in mich hast. Danke, Angela! Ich hab immer gewusst, dass du eine gute Freundin bist.