Fachkräftemangel Rösler sucht Ausweg aus der Pflegemisere

Mehr Geld, bessere Arbeitszeiten, weniger Papierkrieg: Angesichts des wachsenden Personalmangels in der Pflege hat Gesundheitsminister Philipp Rösler bessere Bedingungen verlangt.

Gesundheitsminister Philipp Rösler plädiert für eine bessere Bezahlung und attraktivere Arbeitsbedingungen in der Pflege als Rezept gegen den wachsenden Fachkräftemangel. Auch die Ausbildung müsse reformiert werden, sagte der FDP-Politiker am Dienstag vor einem Treffen mit Experten in Berlin. Der Deutsche Pflegerat mahnte die Politik, das Problem ernst zu nehmen und konkrete Gegenmaßnahmen anzugehen.

Rösler plant für kommendes Jahr eine umfassende Pflegereform. Mehrere Expertentreffen dienen zur Vorbereitung. Das Statistische Bundesamt prognostiziert, dass in 15 Jahren etwa 152.000 Pflegekräfte fehlen werden. Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA) spricht sogar von einem Bedarf von 400.000 Pflegekräften bis 2020, davon 250.000 in der Altenpflege. "Die Zahlen sind wasserdicht", sagte BPA-Chef Bernd Meurer vor dem Treffen bei Rösler.

"Berufsgruppe im Aufruhr"

Rösler sagte im Deutschlandradio Kultur, um den Beruf attraktiver zu machen, könnten die Fachkräfte von Bürokratie entlastet werden. Zudem pocht er auf eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine bessere Vergütung. Wer hervorragende Fachkräfte haben wolle, müsse auch bereit sein, sie hervorragend zu bezahlen, sagte der Minister. Viele seien dazu auch bereit.

Für die Pflegebranche gilt ein Mindestlohn von 8,50 Euro. In der Regel liegen die Vergütungen nach Angaben aus der Branche deutlich darüber. Tarifsteigerungen müssen allerdings über die Pflegekassen finanziert werden, denen langsam das Geld ausgeht. Rösler plant deshalb auch eine Finanzierungsreform - vermutlich mit privaten Zusatzbeiträgen.

Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung betonte, es sei bereits Geld für zusätzliches Personal zur Verfügung gestellt worden. Die Frage sei, ob die Mittel auch ankämen, sagte Verbandsvorstand Gernot Kiefer vor dem Treffen bei Rösler. Die Pflegekassen sehen den Personalmangel eher als künftiges Problem.

Die Branche selbst beklagt dagegen, dass schon jetzt 50.000 Mitarbeiter fehlen. Daraus folgten Überlastung und Perspektivlosigkeit bei den Mitarbeitern, sagte der Präsident des Pflegerats, Andreas Westerfellhaus: "Die Berufsgruppe ist im Aufruhr." Nötig sei ein politisches Signal, dass das Problem wirklich erkannt worden sei.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Von der Leyen für Zuwanderung

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen mahnte die Branche, ihre Hausaufgaben zu machen und selbst mehr aus- und weiterzubilden. "Wir haben 12.000 Ausbildungsplätze pro Jahr, das ist zu wenig", sagte die CDU-Politikerin in der ARD. Daneben sei auf Dauer eine "qualifizierte Zuwanderung" nötig. Sie werde versuchen, im Koalitionsausschuss am Donnerstag alle Koalitionspartner davon zu überzeugen. Auch die Pflegeverbände dringen darauf, mehr ausländische Pflegerinnen ins Land zu lassen. Die CSU lehnt dies aber kategorisch ab.

Die Deutsche Hospiz Stiftung sieht das Problem als Versagen von Politik und Verbänden. "In den vergangenen zehn Jahren sind in der Pflege 70.000 Stellen weggefallen", sagte der geschäftsführende Vorstand Eugen Brysch in der ARD. "Es waren die Organisationen selbst, die die Pflegekräfte eingespart haben." Er wies darauf hin, dass die Ausgaben für Pflege lange stagnierten, obwohl der Bedarf stark steigt.

Verena Schmitt-Roschmann, DAPD (mit DPA)