Der SPD-Obmann im BND-Untersuchungsausschuss, Thomas Oppermann, hat einen Zeitungsbericht über angeblich verschwundene Geheimdienstakten im Fall Kurnaz zurückgewiesen. Der Fragebogen der US-Beamten mit Ergebnissen der Vernehmung von Murat Kurnaz im US-Gefangenenlager Guantanamo sei allen Ausschuss-Mitgliedern übermittelt worden, sagte Oppermann der Nachrichtenagentur Reuters am Dienstag. "Das elfseitige Papier ist Bestandteil der Akten der Bremer Staatsanwaltschaft und ist in keiner Weise geeignet, Herrn Kurnaz zu entlasten", sagte er zum Inhalt.
Die "Berliner Zeitung" hatte berichtet, beim Bundesnachrichtendienst (BND) seien wichtige Unterlagen zum Fall des ehemaligen Guantanamo-Häftlings Kurnaz verschwunden. Dabei handele es sich um Protokolle von Vernehmungen des inzwischen wieder in Deutschland lebenden Türken durch den US-Geheimdienst CIA aus dem Jahr 2002. Sie entlasteten ihn von dem Vorwurf, ein gefährlicher Islamist zu sein oder Beziehungen zu Taliban und al-Kaida-Aktivisten zu unterhalten, hieß es in dem Blatt. Der Verlust der Akten sei bei der Vernehmung eines BND-Mitarbeiters im Untersuchungsausschuss Anfang Februar zur Sprache gekommen und in einem bislang noch als vertraulich eingestuften Ausschussprotokoll dokumentiert.
Kein Kommentar vom BND
Oppermann sprach von einer üblen Kampagne. "Die Unterlagen liegen bei mir auf dem Tisch", sagte er. "Man muss sie sich nur genau ansehen." Die Akten seien der Bremer Staatsanwaltschaft vom Bundeskriminalamt übermittelt worden, das sie wiederum vom BND erhalten habe. Darin seien in tabellarischer Form bisher schon bekannte Fakten über den aus Bremen stammenden Kurnaz aufgelistet.
Ein BND-Sprecher wollte den Bericht nicht kommentieren. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG), das die Arbeit der Geheimdienste beaufsichtigt, wird sich nach Angaben seines Vorsitzenden Max Stadler in der nächsten Sitzung am Mittwoch kommender Woche mit dem Zeitungsbericht befassen. "Es ist ganz selbstverständlich, dass die Bundesregierung von sich aus zu allen wichtigen aktuellen Themen Bericht erstattet", sagte Stadler Reuters.
Kurnaz wurde in Bremen geboren, hat aber die türkische Staatsbürgerschaft. Sein Fall hat Vertreter der früheren rot-grünen Bundesregierung, vor allem den damaligen Chef des Kanzleramts und heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), unter Druck gebracht. Ihnen wird vorgeworfen, die Freilassung von Kurnaz aus dem US-Lager Guantanamo blockiert zu haben. Steinmeier hat erklärt, Kurnaz sei damals als gefährlich eingestuft worden und deshalb in Deutschland nicht erwünscht gewesen.