Es hat etwas von Showdown: In knapp zwei Wochen kommen die Liberalen zum Bundesparteitag in Karlsruhe zusammen. Wenig später dann wählen die Bürger in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. In den zwei Ländern treten die letzten Hoffnungs-Mohikaner der FDP an: der rabaukige Wolfgang Kubicki an der Küste, der feinsinnige Christian Lindner in NRW. So unterschiedlich die beiden sind, so ähnlich ist ihre Strategie: Irgendwie müssen sie es schaffen, dass die Wähler ihnen abnehmen, dass sie zwar aus der Losertruppe FDP kommen, wenn sie könnten, wie sie wollen, vieles in dieser Partei aber anders liefe.
Und das geht nur mit einem Showdown - notfalls auch gegen den eigenen Vorsitzenden Philipp Rösler.
So ist zu erklären, dass es politisch in allen anderen Parteien ziemlich ruhig war in den vergangenen Tagen - nur in der FDP ging es unösterlich-ruppig zu. Schleswig-Holsteins Spitzenmann Kubicki ätzte gegen die ganze Richtung seiner Partei: "Unterirdische" Kommunikation habe es ermöglicht, dass "die FDP als kaltherzig, neoliberal, nicht mitfühlend" dastehe. Die Ablehnung der Finanztransaktionssteuer lasse die Partei zudem als diejenige erscheinen, die die Finanzmärkte schützen will.
Mitfühlend! Dieses Wort erinnert an das neue Parteiprogramm, an dem der liberale Spitzenkandidat in NRW, Christian Lindner, saß, als er noch Generalsektretär der Bundes-FDP war. Er wollte (und will) einen mitfühlenden Liberalismus etablieren. Kubicki und Lindner werden sich auf dem Parteitag Ende April vermutlich zusammentun, um ein neues Denken in der Partei zu fordern.
Doch die Attacke auf Rösler ging noch weiter. Höhnisch griff Kubicki das neue Leitwort "Wachstum" auf. "So wie die FDP den Begriff Wachstum derzeit propagiert, können die Leute damit wenig anfangen", sagte er der "Bild am Sonntag". "Was soll das denn sein? Familienwachstum? Haarwachstum?"
Alles auf Rösler. Kubicki und Lindner (kürzlich in einem Interview, etwas feiner natürlich) tun das, davon darf man ausgehen, kühl kalkulierend. Ihre Chancen sind einfach beschrieben: Ziehen sie in den Landtag in Kiel oder Düsseldorf ein, sind sie die ersten Gewinner seit langem in einer niederlagen-ergebenen Partei. Mit ihren Angriffen auf Rösler haben sie dann dafür gesorgt, dass es ihr Triumph ist - und nicht der des Parteichefs. Ein Sieg wäre also kein Sieg Röslers.
Eine Niederlage aber schon. Dann hätten Lindner und Kubicki alles probiert, aber es langte eben nicht gegen den Trend aus Berlin.
Rösler kann fast nur noch verlieren. Vielleicht schwingt das mit, wenn auch er über Ostern den politischen Gegner nicht bei der Konkurrenz, sondern im eigenen Lager findet. Die FDP, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", habe sich zu lange auf das Thema Steuersenkung verengt: "Den Liberalismus auf die Formel "Mehr Netto vom Brutto" zu reduzieren, das ist zu wenig." Eine Breitseite auf seinen Vorgänger Guido Westerwelle. In der Sache richtig - bloß: Knapp ein Jahr nach Amtsantritt noch Schlagzeilen darüber zu produzieren, dass man die Fehler des Vorgängers hervorhebt, wirkt nicht wie ein kraftvoller eigener Plan.

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Provoziert hat Rösler damit die Bataillone Westerwelles. Prompt sprang dem Außenminister Dirk Niebel (Westerwelle habe die Partei für breite Bevölkerungsschichten geöffnet) bei.
Ein munteres Gegacker also bei der FDP über Ostern. Faule Eier inklusive. Bleibt nur die Frage des amüsierten Beobachters: Was die vergangenen Tage wohl so gebracht haben in der Wählergunst?