Es war diesmal Edmund Stoiber (CSU), der Lob nach allen Seiten verteilte: Kanzlerin Angela Merkel habe für das Zustandekommen der Föderalismusreform "entscheidende Bedeutung" gehabt, sagte er. Und auch Vize-Kanzler und Sozialdemokrat Franz Müntefering sei stets ein "fairer und kollegialer Partner" gewesen. Sogar SPD-Fraktionschef Peter Struck, der in den vergangenen Tagen mit seiner Wortbruch-Kritik an Merkel die Unionsoberen auf die Palme gebracht hatte, habe beim Thema Föderalismus eine "positive Rolle" gespielt.
Stoiber war im Bundesrat, der der Reform nun zugestimmt hat, sichtlich darum bemüht, die "Sternstunde des Föderalismus" mit der endgültigen Verabschiedung der Staatsreform nicht vom großkoalitionären Hauen und Stechen dieser Tage trüben zu lassen. Das sah auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck so. Leidenschaftlich verteidigte der SPD-Chef das föderale System als Erfolgsmodell: "Die Reform ist der erste Meilenstein des Erfolgs der großen Koalition."
Spielverderber waren an diesem Tag nur die Vertreter aus Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Sie stimmten als einzige gegen die Grundgesetzänderungen, mit denen die Länder künftig für zusätzliche 16 Gesetzesfelder die alleinige Kompetenz erhalten. Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) sieht bereits einen "föderalen Darwinismus" aufziehen, bei dem die ärmeren und kleineren Länder auf der Strecke bleiben werden. Für Mecklenburg-Vorpommerns Justizminister Erwin Sellering (SPD) ist die vereinbarte Neuaufteilung der Bund-Länder-Kompetenzen schlicht "deprimierend": "Gestärkt werden die großen und reichen Länder".
Nur ein Vorgeschmack auf die nächste Reformstufe
Das war nur ein Vorgeschmack auf das, was die zweite Stufe der Föderalismusreform an Konfliktpotenzial bringen wird. Nach der Vereinbarung der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin beginnt im Herbst die Arbeit an der Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern. Letztlich geht es dabei um die sinnvollere Verteilung eines Finanzvolumens von fast 30 Milliarden Euro.
Während die Ministerpräsidenten der großen und reichen Länder wie Bayern, Baden-Württemberg und Hessen das Hohelied auf den "leistungsfördernden Wettbewerbsföderalismus" sangen, zog SPD-Chef Beck vorsorglich mit "Fixpunkten" Grenzen: Der Solidarpakt zwischen Ost und West werde nicht in Frage gestellt. "Und einen grenzenlosen Wettbewerbsföderalismus wird es nicht geben."
Der große Streit um die Steuerung der Finanzströme in Deutschland ist damit programmiert. Trotzdem blieb an diesem mehrfach als "historisch" titulierten Tag noch Zeit für Scherze. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) lieferte das schönste Beispiel für föderalen Bewusstseinswandel: Ausgerechnet der Oberföderalist Stoiber habe ihm gebeichtet, dass er beim Achtelfinale-Spiel der deutschen Mannschaft im Münchner Stadion mitgesungen habe: "Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin …."
Wowereit war im Bundesrat vermutlich der glücklichste Länder-Chef. Er hat erreicht, dass im Grundgesetz nun die Rolle Berlins als Hauptstadt festgeschrieben wird. Die Berliner hoffen, dass sich das längerfristig in bare Münze umsetzen lässt. Das wie Mecklenburg-Vorpommern rot-rot regierte Berlin stimmte der Föderalismusreform dann auch zu.

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Hartz-IV-Kürzungen schnell abgenickt
Anschließend gingen auch alle anderen Tagesordnungspunkte an diesem letzten Bundesrat-Tag vor der Sommerpause für die große Koalition problemlos über die Bühne. Bei den Arbeitslosengeld- Kürzungen und beim neuen Antidiskriminierungsrecht wollte niemand mehr einen Streit vom Zaun brechen. "Wir sollten etwas abrüsten - die Sommerpause wird für Abkühlung sorgen", sagte Wowereit.